Hallo, keiner da?
Die Anzeigen in den neuen Bahnen zeigen schon Informationen über die Haltestellen, bevor man dort angekommen ist.
Ich hatte vorher in China meine Frau (eine Chinesin) kennengelernt und unser Sohn ist dort geboren.
Wir wollten eigentlich jedes Jahr mindestens einmal wieder zurückkommen um die Familie meiner Frau wiederzusehen, nicht zuletzt damit unser Sohn den Kontakt nach China nicht verliert.
Als wir gerade nach Deutschland umgezogen sind, kam Corona.
Eine Reise nach China war undenkbar.
Jetzt ist es Mitte 2023, fast vier Jahre sind vergangen und es ist endlich wieder möglich nach China zu reisen und auch die Flugpreise sind, wenn auch lange noch nicht auf dem Stand wie früher, jedoch zu bestimmten Zeiten zumindest wieder einigermassen erschwinglich.
Ein interessantes Detail möchte ich hier aber dem geneigten Lesen nicht vorenthalten:
Unser Sohn ist in China geboren. In den Artikeln Frühstück oder kotzen ? und Wiedervereinigung und Begrüssungsgeld hatte ich darüber geschrieben.
Er hat sofort einen deutschen Pass bekommen, da ich als Deutscher sein leiblicher Vater bin.
Wir leben jetzt seit dem Umzug auch dauerhaft in Deutschland, er geht dort in den Kindergarten etc. pp.
In China wird er trotzdem noch als potentieller Chinese geführt, weshalb wir ihm über die chinesische Botschaft in Deutschland einen chinesischen Reisepass besorgen konnten.
Das bedeutet: Er braucht kein Visum.
Mit seinem chinesischen Reisepass stehen ihm alle Pforten im Reich der Mitte offen und mit seinem deutschen Reisepass öffnen sich alle Türen in Europa.
Sein Reisepass war auch wesentlich einfacher zu bekommen als mein Visum.
Ich bin mit einem Familienvisum hier. Wieder mal etwas anderes, damit dürfte ich fast alle Visatypen durch haben.
Für ein Familienvisum braucht man ein Einladungsschreiben und fünfhundert andere Papiere und Pässe, dann kann man es beantragen.
Also wenn man Familie in China hat (angeheiratet zum Beispiel, wie ich).
Auf den Prozess will ich gar nicht genauer eingehen, da er sich eh wieder alle paar Monate ändert.
Wie auch immer: Das Visum und damit auch der Reisepass, in dem es klebt, sind pünktlich zwei Tage vor dem Abflug (muss man ja für das Visum vorher buchen) angekommen und jetzt sind wir zurück in der Stadt, die vor einiger Zeit für einige Zeit unser zu Hause war.
Hat sie sich verändert?
Hölle, ja!!! Mit drei Ausrufezeichen.
Die chinesische Hauptstadt scheint wie ausgestorben.
Wo sind all die Leute hin, die dicht gedrängt die U-Bahn Stationen ausgefüllt haben, dass man gefühlt kaum noch Platz zum atmen hatte.
Und all die, die die Strassen besetzt hielten?
Man fühlt sich eher wie in einer deutschen Großstadt. Es sind viele Menschen unterwegs, aber es sind nicht so viele, dass man die Strasse nicht mehr sehen kann.
Und man trifft auch an den touristisch interessanten Plätzen auf keine Ausländer mehr.
Wenn man mal tatsächlich einen sieht, fühlt man sich direkt genötigt, ihn zu grüssen.
Die strengen Corona Kontrollen und Lockdowns, die man im Fernsehen immer wieder gesehen hat, sind vorüber und in der Öffentlichkeit wird auch meist keine Maske mehr getragen.
Lediglich in öffentlichen Gebäuden, auf der Polizeistation etc. kann man sie noch sehen.
Auch sonst hat sich viel getan. Ich hatte in früheren Artikeln ja bereits schon mal darüber berichtet wie schnell sich alles in Beijing verändert.
Und der Artikel Ausradiert beginnt bereits mit: “Jetzt habe ich Chinas Hauptstadt, die jahrelang mein zu Hause war, verlassen. Wohlwissend, dass das Beijing, so wie ich es gekannt habe, innerhalb von ein paar Jahren nicht mehr existieren wird.”...
Wie wahr, wie wahr. Es ist alles anders.
Ich weiss gar nicht wie viele neue U-Bahn Linien es gibt.
Dazu einen Mega-Flughafen, der als chinesisches Vorzeigeprojekt wieder sämtliche Superlativen bedient und mindestens zwei neue Stadtviertel.
Die kleinen Hutong-Bars und -Cafes, die mir über die Zeit so ans Herz gewachsen sind, haben unter dem Rückbauplan, den wir in Artikel Gesichtsverlust kennen gelernt haben, bereits sehr gelitten und spätestens die Coronazeit finanziell allesamt nicht überlebt.
Es gibt wenig was mich noch an die schönen Zeiten erinnert, aber das wird bestimmt irgendwann irgendwie, in irgendeiner Form auch wiederkommen.
Nur im Moment ist es alles recht trostlos.
Aber dafür ist das Wiedersehen mit der Familie um so schöner.
Es war lange schon überfällig und vor allen Dingen unser Sohn genießt es sehr wieder mit seinen Cousins zu spielen, mit denen er damals aufgewachsen ist (eine Zeit, an die er sich nicht mehr erinnern kann).