Die Marktschreier von heute
Wenn ich die alten Posts in meinem Blog lese, wird mir wieder bewusst, wie anpassungsfähig der Mensch doch ist, bzw. wie sehr unsere Wahrnehmung von unserer Umwelt abhängt.
Ich erinnere mich noch daran dass es für mich komisch war wieder zurück nach Deutschland zu kommen, da alles irgendwie bekannt, aber doch ganz weit weg war.
Aber jetzt kann ich dieses Gefühl nicht mehr abrufen, es ist nur noch eine Erinnerung, fast so als würde sie jemandem anderen gehören.
Ich bin wieder ganz in das Leben in Deutschland eingetaucht und alles ist wieder normal und fühlt sich alternativlos an, obwohl ich genau weiß dass das nicht der Wahrheit entspricht.
Das jetzige Gefühl ist also quasi genau das gegenteilige Gefühl von dem, das ich hatte so lange ich in China gelebt habe und von dem ich in diesem Blog immer wieder erzählen wollte.
Es ist schon wieder viel Zeit vergangen und es hat sich nicht viel getan.
Wir können immer noch nicht wieder nach China reisen, Corona ist immer noch ein Thema und wir hoffen von Impfung zu Impfung um zumindest das Schlimmste abzuwenden.
Vor einigen Tagen war das Laba Fest (腊八 là bā), das wir ja noch aus dem Artikel Das Laba-Fest (腊八 là bā) kennen und bald ist wieder chinesisches Neujahr. Das Jahr des Tigers beginnt am 1. Februar 2022.
Alles was uns von China bleibt sind die Verbindungen über die sozialen Medien.
Was würden wir nur ohne sie tun? Ohne Videochat und öffentlicher Pinnwand.
Soziale Medien haben das Zusammenleben und die zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb kürzester Zeit für einen grossen Teil der Menschen dramatisch verändert und gehören inzwischen zum guten Ton.
„Social Media ist wie Teenager-Sex. Jeder will es machen. Niemand weiss wirklich wie es geht. Und wenn man dann damit fertig ist, ist man überrascht, dass es nicht besser war“ (Quelle unbekannt).
Und wie es immer so ist bei Dingen die plötzlich populär sind, die Wirtschaft springt auf den Zug auf und macht alles wieder kaputt.
Heute wollen wir uns einmal ein Phänomen anschauen das bei uns immer drastischere Ausmaße annimmt, in China aber zweifelsfrei noch eine Spur schlimmer ist.
Und zwar die Werbung und wie sie Besitz ergriffen hat von Social Media Plattformen.
Der ursprüngliche Gedanke hinter den ganzen Social Media Apps war einmal die Kommunikation.
Eigentlich schon früh in den Anfangsphasen des Internet gab es Programme um sich mit anderen Menschen auszutauschen.
Von Infozeilen auf der Konsole über Emails und Chaträume gibt es inzwischen eine unüberschaubare Fülle an Programmen und Apps.
Ein unumstrittener Powerbooster war, nach etlichen ähnlichen Vorläufern dann Facebook.
Wer hier einen Account hat wird wissen, dass man sich zwischen geposteten Inhalten und untergeschobener Werbung inzwischen fühlt wie in einem Kaufhaus in dem man leise aber konstant mit zum kaufen animiert wird.
Aber auch die Postings und Reposts sind inzwischen, mal mehr, mal weniger unterschwellig, mit Werbebotschaften vollgepackt.
Anderen populären Plattformen wie Twitter, Instagram und wie sie alle heissen geht es da nicht besser.
Inzwischen wird Werbung auch gar nicht mehr von den Marken selber produziert, sondern von sogenannten Influencern (über Sinn und Unsinn dieser Bezeichnung könnte man auch wieder streiten) teilweise subtil, teilweise recht aggressiv unter die Leute gebracht.
So gibt es Bilder vom privaten Sonntagsausflug mit dem Fahrrad für die geneigten Leser (bzw. Follower) wo dann neben den Blumen im Haar und den drapierten Topfpflanzen am Strassenrand auch eine schick in Szene gesetzte Feinwaschmittelflache im Fahrradkorb ihr Debüt feiert.
Nichts funktioniert mehr ohne Werbung, könnte man meinen.
Aber wenn wir einmal ins Land der Mitte schauen, sind all diese Dinge bei uns noch vergleichsweise harmlos.
Eine der einflussreichsten Social Media Plattformen in China ist zweifellos WeChat (微信 wēi xìn).
Obwohl es inzwischen unzählige funktionen und Apps beherbergt, konzentrieren wir uns hier auf die ursprüngliche Chat App.
Menschen können sich gegenseitig zu ihren Freundeslisten hinzufügen und dann neben Textnachrichten auch Bilder und Videos austauschen, telefonieren und videotelefonieren (auch hier gibt es inzwischen noch mehr Funktionen, die sollen uns aber im Moment nicht stören).
Und eine wichtige Funktion neben dem Chat ist noch eine Art schwarzes Brett an dem man seine Bilder oder Videos, Links etc. posten kann, eine Art Mini-Webseite oder Blog wenn man so will.
Sie kennen das: Dies ist der Ort an dem die Leute ihr fotografiertes Essen oder den Ausblick aus dem Hotelzimmer der uninteressierten Masse unter die Nase reiben und verzweifelt auf Smilies, Daumen hoch und Gefällt mir Reaktionen warten.
Inzwischen ist es, gerade auf WeChat, zu einem regelrechten kleinen Marktplatz geworden.
Jeder will Obst direkt vom Erzeuger, Babymilchpulver, Faltencreme oder Glücksarmbänder unter die Leute bringen.
Somit ist eine ursprünglich nette Funktion zu etwas geworden was man sich überhaupt nicht mehr anschauen kann ohne dass das Bedürfnis aufkommt, gelangweilt weiterzuklicken.
Aber hin und wieder findet man dann doch noch die Bilder von alten Bekannten, die das Wochenende dazu genutzt haben eine Fahrradtour in die Aussenbezirke von Beijing zu unternehmen und sieht wer geheiratet oder Kinder bekommen hat.
Es ist nicht alles schlecht, man muss nur immer mehr suchen.
Ich erinnere mich noch daran dass es für mich komisch war wieder zurück nach Deutschland zu kommen, da alles irgendwie bekannt, aber doch ganz weit weg war.
Aber jetzt kann ich dieses Gefühl nicht mehr abrufen, es ist nur noch eine Erinnerung, fast so als würde sie jemandem anderen gehören.
Ich bin wieder ganz in das Leben in Deutschland eingetaucht und alles ist wieder normal und fühlt sich alternativlos an, obwohl ich genau weiß dass das nicht der Wahrheit entspricht.
Das jetzige Gefühl ist also quasi genau das gegenteilige Gefühl von dem, das ich hatte so lange ich in China gelebt habe und von dem ich in diesem Blog immer wieder erzählen wollte.
Es ist schon wieder viel Zeit vergangen und es hat sich nicht viel getan.
Wir können immer noch nicht wieder nach China reisen, Corona ist immer noch ein Thema und wir hoffen von Impfung zu Impfung um zumindest das Schlimmste abzuwenden.
Vor einigen Tagen war das Laba Fest (腊八 là bā), das wir ja noch aus dem Artikel Das Laba-Fest (腊八 là bā) kennen und bald ist wieder chinesisches Neujahr. Das Jahr des Tigers beginnt am 1. Februar 2022.
Alles was uns von China bleibt sind die Verbindungen über die sozialen Medien.
Was würden wir nur ohne sie tun? Ohne Videochat und öffentlicher Pinnwand.
Soziale Medien haben das Zusammenleben und die zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb kürzester Zeit für einen grossen Teil der Menschen dramatisch verändert und gehören inzwischen zum guten Ton.
„Social Media ist wie Teenager-Sex. Jeder will es machen. Niemand weiss wirklich wie es geht. Und wenn man dann damit fertig ist, ist man überrascht, dass es nicht besser war“ (Quelle unbekannt).
Und wie es immer so ist bei Dingen die plötzlich populär sind, die Wirtschaft springt auf den Zug auf und macht alles wieder kaputt.
Heute wollen wir uns einmal ein Phänomen anschauen das bei uns immer drastischere Ausmaße annimmt, in China aber zweifelsfrei noch eine Spur schlimmer ist.
Und zwar die Werbung und wie sie Besitz ergriffen hat von Social Media Plattformen.
Der ursprüngliche Gedanke hinter den ganzen Social Media Apps war einmal die Kommunikation.
Eigentlich schon früh in den Anfangsphasen des Internet gab es Programme um sich mit anderen Menschen auszutauschen.
Von Infozeilen auf der Konsole über Emails und Chaträume gibt es inzwischen eine unüberschaubare Fülle an Programmen und Apps.
Ein unumstrittener Powerbooster war, nach etlichen ähnlichen Vorläufern dann Facebook.
Wer hier einen Account hat wird wissen, dass man sich zwischen geposteten Inhalten und untergeschobener Werbung inzwischen fühlt wie in einem Kaufhaus in dem man leise aber konstant mit zum kaufen animiert wird.
Aber auch die Postings und Reposts sind inzwischen, mal mehr, mal weniger unterschwellig, mit Werbebotschaften vollgepackt.
Anderen populären Plattformen wie Twitter, Instagram und wie sie alle heissen geht es da nicht besser.
Inzwischen wird Werbung auch gar nicht mehr von den Marken selber produziert, sondern von sogenannten Influencern (über Sinn und Unsinn dieser Bezeichnung könnte man auch wieder streiten) teilweise subtil, teilweise recht aggressiv unter die Leute gebracht.
So gibt es Bilder vom privaten Sonntagsausflug mit dem Fahrrad für die geneigten Leser (bzw. Follower) wo dann neben den Blumen im Haar und den drapierten Topfpflanzen am Strassenrand auch eine schick in Szene gesetzte Feinwaschmittelflache im Fahrradkorb ihr Debüt feiert.
Nichts funktioniert mehr ohne Werbung, könnte man meinen.
Aber wenn wir einmal ins Land der Mitte schauen, sind all diese Dinge bei uns noch vergleichsweise harmlos.
Eine der einflussreichsten Social Media Plattformen in China ist zweifellos WeChat (微信 wēi xìn).
Obwohl es inzwischen unzählige funktionen und Apps beherbergt, konzentrieren wir uns hier auf die ursprüngliche Chat App.
Menschen können sich gegenseitig zu ihren Freundeslisten hinzufügen und dann neben Textnachrichten auch Bilder und Videos austauschen, telefonieren und videotelefonieren (auch hier gibt es inzwischen noch mehr Funktionen, die sollen uns aber im Moment nicht stören).
Und eine wichtige Funktion neben dem Chat ist noch eine Art schwarzes Brett an dem man seine Bilder oder Videos, Links etc. posten kann, eine Art Mini-Webseite oder Blog wenn man so will.
Sie kennen das: Dies ist der Ort an dem die Leute ihr fotografiertes Essen oder den Ausblick aus dem Hotelzimmer der uninteressierten Masse unter die Nase reiben und verzweifelt auf Smilies, Daumen hoch und Gefällt mir Reaktionen warten.
Inzwischen ist es, gerade auf WeChat, zu einem regelrechten kleinen Marktplatz geworden.
Jeder will Obst direkt vom Erzeuger, Babymilchpulver, Faltencreme oder Glücksarmbänder unter die Leute bringen.
Somit ist eine ursprünglich nette Funktion zu etwas geworden was man sich überhaupt nicht mehr anschauen kann ohne dass das Bedürfnis aufkommt, gelangweilt weiterzuklicken.
Aber hin und wieder findet man dann doch noch die Bilder von alten Bekannten, die das Wochenende dazu genutzt haben eine Fahrradtour in die Aussenbezirke von Beijing zu unternehmen und sieht wer geheiratet oder Kinder bekommen hat.
Es ist nicht alles schlecht, man muss nur immer mehr suchen.
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