Freunde, die man gar nicht kennt
In China benutzt man WeChat (微信 wēi xìn) auf seinem Mobiltelefon.
Eine Software, die als Chatprogramm startete (vergleichbar mit What’sApp) und dann immer mehr Funktionen hinzubekommen hat.
So kann man inzwischen damit Taxis oder private Fahrer ordern, bezahlen, online einkaufen, sich anzeigen lassen welche Shopping Malls derzeit überfüllt sind und welche nicht, auf einer interaktiven Karte seinen und den Standort eines anderen verfolgen (sehr praktisch. Wenn man sich in einem Restaurant verabredet hat und nicht weiss, wie man von der Haltestelle dort hin kommt, kann der andere einfach seinen Standort senden, wenn er bereits da ist) usw. usw. Das Angebot ist unüberschaubar.
Es hat sich leider auch eingebürgert, dass diese App auf der Arbeit in China verwendet wird, da es sehr einfach ist, neue Kontakte hinzuzufügen: Jeder User hat einen QR Code, den man einfach mit dem Mobiltelefon einscannt, schon ist man verbunden.
Und genau da liegt leider auch das Problem. WeChat bietet die Möglichkeit Bilder, Videos, Musik und Texte an eine persönliche Pinnwand zu posten. Diese kann nur von befreundeten Usern eingesehen werden.
Da man aber gezwungenermassen jeden Mitarbeiter, Businesskontakt und sonst-noch-wen in die Freundesliste aufnehmen muss um mit ihm zu kommunizieren, ist es quasi mehr so eine Litfasssäule, die jeder begaffen kann.
Und die Obrigkeit liest natürlich grundsätzlich mit (eingeladen, oder nicht).
Offiziell wird das immer dementiert, aber ein Test, den wir durchgeführt haben, hat gezeigt, dass politisch motivierte Motive (wie der Vergleich des Vorsitzenden 习近平 (Xí Jìnpíng) mit Pu dem Bären) als Nachricht auf WeChat auf chinesischen Accounts nicht angezeigt werden, auf ausländischen schon.
Aber zurück zu den normal Sterblichen: Oft ist es so, dass man sich mit einem Geschäftskontakt oder entfernten Bekannten verabredet und seine WeChat Informationen austauscht, damit man sich unkompliziert verabreden kann. Und schon hat man wieder einen Unbekannten eingeladen die privaten Fotos der Familie, des letzten Urlaubs oder der Weinprobe zu begutachten.
Man sollte also definitiv darauf achten, was man so alles an seine elektronische Pinnwand hängt.
In diesem Zusammenhang ist mir letztens auch etwas seltsames passiert:
Ich war zur Mittagszeit bei einer Fastfoodkette (versuche ich eigentlich zu vermeiden, aber hin und wieder muss man einfach mal Mist essen)
Ich habe also mein Menü bestellt und will, wie gewohnt mit meinem Telefon bezahlen, als mir die Frau hinter dem Tresen sagt, dass das Lesegerät leider defekt sei. Es gäbe noch die Möglichkeit mit Alipay zu bezahlen (ein anderer Anbieter bei dem man mit dem Telefon bezahlen kann, der oft andere Lesegeräte verwendet).
Nun, bei denen habe ich keinen Account. Was also tun ? Kein Bargeld dabei, keine Kredit- oder Bankkarte, nur das Mobiltelefon.
Alles kein Problem: Schnell den QR Code auf dem Telefon der Verkäuferin gescannt, sie zu den Kontakten hinzugefügt und ihr das Geld geschickt und sie hat für mich bezahlt.
Danach habe ich tatsächlich vergessen sie wieder aus der Freundesliste zu entfernen. Ist mir erst aufgefallen, als sie zum Frühlingsfest ein von mir hochgeladenes Foto gelikt hat.
So Dinge sind in China ganz alltäglich. Jeder, der WeChat benutzt, hat mehr Kontakte von denen er nicht mehr weiss wer sie eigentlich sind als tatsächliche Freunde in seiner Freundesliste.
Aber eine schöne Wendung nimmt die Geschichte jetzt trotzdem noch:
Ich habe sie bis jetzt nicht aus meiner Freundesliste geworfen, da sie so schön das Foto von mir und meiner Frau gelikt hat.
Als ich das nächste Mal wieder dort essen war ... (ich weiss, ich weiss. Für jemanden, der sich Fastfood abgewöhnen will, gehe ich tatsächlich zu oft in besagte Restaurants. Aber sie stehen in China nun auch mal im Ruf eine bessere Lebensmittelqualität bereit zu stellen als kleinere, private Imbisse und Restaurants) ... Also: Als ich das nächste Mal wieder dort essen war, wurde ich von jemand anderem bedient und habe den vollen Preis für alle Speisen zahlen müssen, obwohl ich explizit das Menü bestellt hatte (das passiert übrigens ziemlich oft. Das ist in der Regel nicht böse gemeint, es ist einfach Unvermögen des schlecht geschulten Personals. Das Problem ist einfach, dass man als Ausländer diese Dinge kaum richtig stellen kann. Man redet im Normalfall gegen eine Wand, unabhängig von den eigenen Chinesisch Kenntnissen).
An der Essensausgabe traf ich dann meine „neue Freundin“, die beim letzten Mal für mich bezahlt hatte. Sie schaute einfach nur auf den Bon, um dann zur Kassiererin zu gehen und den Betrag zurück zu buchen und den richtigen Betrag abzuhalten.
Nun, es zahlt sich manchmal eben doch aus mehr Freunde zu haben als man eigentlich kennt.
Alles in allem: Nichts schlimmes passiert, aber Privatsphäre wird in China definitiv etwas anders bewertet als in Deutschland.
Eine Software, die als Chatprogramm startete (vergleichbar mit What’sApp) und dann immer mehr Funktionen hinzubekommen hat.
So kann man inzwischen damit Taxis oder private Fahrer ordern, bezahlen, online einkaufen, sich anzeigen lassen welche Shopping Malls derzeit überfüllt sind und welche nicht, auf einer interaktiven Karte seinen und den Standort eines anderen verfolgen (sehr praktisch. Wenn man sich in einem Restaurant verabredet hat und nicht weiss, wie man von der Haltestelle dort hin kommt, kann der andere einfach seinen Standort senden, wenn er bereits da ist) usw. usw. Das Angebot ist unüberschaubar.
Es hat sich leider auch eingebürgert, dass diese App auf der Arbeit in China verwendet wird, da es sehr einfach ist, neue Kontakte hinzuzufügen: Jeder User hat einen QR Code, den man einfach mit dem Mobiltelefon einscannt, schon ist man verbunden.
Und genau da liegt leider auch das Problem. WeChat bietet die Möglichkeit Bilder, Videos, Musik und Texte an eine persönliche Pinnwand zu posten. Diese kann nur von befreundeten Usern eingesehen werden.
Da man aber gezwungenermassen jeden Mitarbeiter, Businesskontakt und sonst-noch-wen in die Freundesliste aufnehmen muss um mit ihm zu kommunizieren, ist es quasi mehr so eine Litfasssäule, die jeder begaffen kann.
Und die Obrigkeit liest natürlich grundsätzlich mit (eingeladen, oder nicht).
Offiziell wird das immer dementiert, aber ein Test, den wir durchgeführt haben, hat gezeigt, dass politisch motivierte Motive (wie der Vergleich des Vorsitzenden 习近平 (Xí Jìnpíng) mit Pu dem Bären) als Nachricht auf WeChat auf chinesischen Accounts nicht angezeigt werden, auf ausländischen schon.
Aber zurück zu den normal Sterblichen: Oft ist es so, dass man sich mit einem Geschäftskontakt oder entfernten Bekannten verabredet und seine WeChat Informationen austauscht, damit man sich unkompliziert verabreden kann. Und schon hat man wieder einen Unbekannten eingeladen die privaten Fotos der Familie, des letzten Urlaubs oder der Weinprobe zu begutachten.
Man sollte also definitiv darauf achten, was man so alles an seine elektronische Pinnwand hängt.
In diesem Zusammenhang ist mir letztens auch etwas seltsames passiert:
Ich war zur Mittagszeit bei einer Fastfoodkette (versuche ich eigentlich zu vermeiden, aber hin und wieder muss man einfach mal Mist essen)
Ich habe also mein Menü bestellt und will, wie gewohnt mit meinem Telefon bezahlen, als mir die Frau hinter dem Tresen sagt, dass das Lesegerät leider defekt sei. Es gäbe noch die Möglichkeit mit Alipay zu bezahlen (ein anderer Anbieter bei dem man mit dem Telefon bezahlen kann, der oft andere Lesegeräte verwendet).
Nun, bei denen habe ich keinen Account. Was also tun ? Kein Bargeld dabei, keine Kredit- oder Bankkarte, nur das Mobiltelefon.
Alles kein Problem: Schnell den QR Code auf dem Telefon der Verkäuferin gescannt, sie zu den Kontakten hinzugefügt und ihr das Geld geschickt und sie hat für mich bezahlt.
Danach habe ich tatsächlich vergessen sie wieder aus der Freundesliste zu entfernen. Ist mir erst aufgefallen, als sie zum Frühlingsfest ein von mir hochgeladenes Foto gelikt hat.
So Dinge sind in China ganz alltäglich. Jeder, der WeChat benutzt, hat mehr Kontakte von denen er nicht mehr weiss wer sie eigentlich sind als tatsächliche Freunde in seiner Freundesliste.
Aber eine schöne Wendung nimmt die Geschichte jetzt trotzdem noch:
Ich habe sie bis jetzt nicht aus meiner Freundesliste geworfen, da sie so schön das Foto von mir und meiner Frau gelikt hat.
Als ich das nächste Mal wieder dort essen war ... (ich weiss, ich weiss. Für jemanden, der sich Fastfood abgewöhnen will, gehe ich tatsächlich zu oft in besagte Restaurants. Aber sie stehen in China nun auch mal im Ruf eine bessere Lebensmittelqualität bereit zu stellen als kleinere, private Imbisse und Restaurants) ... Also: Als ich das nächste Mal wieder dort essen war, wurde ich von jemand anderem bedient und habe den vollen Preis für alle Speisen zahlen müssen, obwohl ich explizit das Menü bestellt hatte (das passiert übrigens ziemlich oft. Das ist in der Regel nicht böse gemeint, es ist einfach Unvermögen des schlecht geschulten Personals. Das Problem ist einfach, dass man als Ausländer diese Dinge kaum richtig stellen kann. Man redet im Normalfall gegen eine Wand, unabhängig von den eigenen Chinesisch Kenntnissen).
An der Essensausgabe traf ich dann meine „neue Freundin“, die beim letzten Mal für mich bezahlt hatte. Sie schaute einfach nur auf den Bon, um dann zur Kassiererin zu gehen und den Betrag zurück zu buchen und den richtigen Betrag abzuhalten.
Nun, es zahlt sich manchmal eben doch aus mehr Freunde zu haben als man eigentlich kennt.
Alles in allem: Nichts schlimmes passiert, aber Privatsphäre wird in China definitiv etwas anders bewertet als in Deutschland.
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