Die unendliche Geschichte
Ich weiss gar nicht mehr wie oft ich sie damals gelesen habe, aber es waren ein paar Mal.
„Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende ist ein Buch, das zwar in die Kinderbuch Abteilung passt, aber literarisch weit mehr zu bieten hat als viele moderne Publikationen.
Es war damals mein absolutes Lieblingsbuch und als ich mir bewusst war, dass es in China in einer chinesischen Übersetzung zu haben ist, musste ich es jedem Bekannten hier unbedingt aufschwatzen und tue es bis heute (genau genommen hat mich eine Mitschülerin, mit der ich 2010 in Beijing Chinesisch gelernt habe darauf aufmerksam gemacht).
Ich habe auch noch einmal eine deutsche Version gekauft, als ich einmal wieder in Deutschland war und habe es unserem (damals noch im Bauch meiner Frau befindlichem) Sohn vorgelesen.
Man sagt ja, dass man Kinder vor der Geburt schon an seine Stimme gewöhnen sollte und so habe ich, obwohl es anfangs etwas komisch ist, jeden Tag zu Feierabend dem Bauch meiner Frau etwas vorgelesen bzw. -gesungen (Beatles und David Bowie eignen sich hier besonders gut. Hatte ich, so weit ich weiss schon einmal erwähnt).
Beim Lesen der unendlichen Geschichte war ich sofort wieder Feuer und Flamme und habe mich schon damals darauf gefreut es eines Tages mit ihm zusammen zu lesen, wenn er es dann auch verstehen kann (aber das dauert leider noch eine Weile).
Es ist ein Buch, das kurzatmig und tiefgründig ist und überraschenderweise auch für Erwachsene noch ein paar Weisheiten bereit hält.
Es ist eben kein Friede, Freude, Eierkuchen -Buch, sondern schwenkt, wenn man es gar nicht erwartet noch einmal um und lässt den Protagonisten, mit dem man sich identifiziert hat, zu einem kleinen Arschloch werden.
Man ist sofort daran erinnert, dass man sich selber bereits in seinem Leben aus den unterschiedlichsten fadenscheinigen Gründen öfters nicht korrekt verhalten hat und kommt nicht umhin sich für die herablassende Art des fiktiven Charakters selbst zu schämen, bevor die Geschichte einen später dann wieder auffängt und versöhnlichere Töne anschlägt.
Sie merken wahrscheinlich bereits, dass ich auch heute noch grosse Stücke auf dieses Werk halte.
Es ist qualitativ einfach sehr gut. Dazu gehören auch viele kleine Feinheiten und eine davon ist die Beschreibung des Drachen „Fuchur“ als Glücksdrache.
In der Regel waren Drachen in westlicher Kultur immer böse Ungetüme, die man als tapferer Ritter töten musste um Frieden über das Land zu bringen und die Königstochter zu gewinnen (aus heutiger Sichtweise ist bereits das schon ziemlich chauvinistisch).
In moderneren Erzählungen gibt es dann schon Bezwinger die mehr oder weniger gut mit den Ungetümen auskommen oder Figuren die von den Bestien als Eltern angesehen werden („Game of Thrones“ wäre hier ein schönes Beispiel), aber Bestien bleiben sie eben doch.
Michael Ende hat sich dafür entschieden den Drachen, ganz nach asiatischem Vorbild als Glücksbringer darzustellen und auch die Beschreibung eines langen, schon eher schlangenähnlichen Tiers passt zu der Vorstellung eines Drachen aus Fernost.
Und da sind wir auch schon wieder bei den Drachen. Vielleicht erinnern Sie sich noch an den Artikel Drachen, Löwen, Drachenlöwen und anderes Getier. Dort hatten wir dieses Thema, das einem in China immer wieder begegnet, bereits einmal etwas ausgeleuchtet.
Heute möchte ich einmal auf die Drachen aus Papier eingehen, die man dank des ständigen Windes in Beijing über vielen grossen, weiten Flächen schweben sehen kann.
Dabei finden sich ganz moderne Lenkdrachen ebenso wieder, wie selbstgebaute Kastendrachen und viele, teils sehr originelle Modelle wie eine Krake, die ich einst bestaunen durfte und die sich dermassen realistisch im Himmel bewegt hat, dass ich tatsächlich zweimal hinschauen musste um mich davon zu überzeugen, dass wir nicht gerade von Ausserirdischen angegriffen werden.
Der Drachenbau hat in China eine sehr lange Tradition. Erste Aufzeichnungen gibt es aus dem 6. Jahrhundert v. Chr., allerdings ist es gut möglich, dass er noch viel älter ist.
Hin und wieder kann man bei Veranstaltungen wie Tempelfesten oder ähnlichem noch original handgemachte Drachen bestaunen, allerdings ist dies, genau wie der traditionelle Schirmmacher, ein aussterbender Berufszweig.
Im deutschen heissen die Fluggeräte Drachen, im chinesischen 风筝 (fēng zheng), was mich zuerst etwas irritiert hat.
Denn 风筝 (fēng zheng) bedeutet übersetzt Wind Zither und beschreibt vom aussehen eher einen Kastendrachen, der mit seinen gespannten Sehnen und viel Phantasie eventuell an eine chinesische Zither (古箏 gǔ zhēng) erinnern könnte.
Ein Fluggerät, das im deutschen Drachen heisst, seinen Ursprung im Land der Drachen hat und trotzdem nicht Drachen heisst ? Das ist ja seltsam.
Aber nach etwas Recherche habe ich ihn dann doch gefunden: Den eigentlichen chinesischen Drachen-Drachen.
Der Centipede-Drachen ist eine Besonderheit unter den Drachen. Lang, wie eine Schlange verkörpert er tatsächlich den chinesischen Glücksdrachen, so wie ihn nicht nur Michael Ende beschreibt.
Dieses spezielle Modell war in früheren Zeiten dem Kaiser vorbehalten, niemand sonst, durfte einen derartigen Drachen steigen lassen, alle anderen mussten sich mit anderen Tieren begnügen. Was dann auch erklären könnte, warum man den Drachen in China eben nicht nach dem Fabelwesen benannt hat.
Damals schnitt man, wenn der Centipede-Drachen weit oben in den Lüften war, die Schnur durch und liess ihn frei. Das sollte Glück bringen.
Vermutlich ist er dann irgendwo falsch abgebogen und irgendwie nach Phantasien gekommen, wer weiss das schon so genau.
Auf jeden Fall dürfte er auf seinem Weg vielen Menschen Glück gebracht haben, wenn man den den alten oder auch den neuen Geschichten glaubt.
Und so wie das Wissen um den Drachenbau von Generation zu Generation weitergegeben worden ist, will auch ich „Fuchur“ und all die anderen Geschöpfe meinem Sohn vorstellen, wenn er dann etwas älter ist und wer weiss, vielleicht gibt er die Geschichte auch wieder an die nächste Generation weiter und macht sie so tatsächlich zu einer unendlichen Geschichte.
„Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende ist ein Buch, das zwar in die Kinderbuch Abteilung passt, aber literarisch weit mehr zu bieten hat als viele moderne Publikationen.
Es war damals mein absolutes Lieblingsbuch und als ich mir bewusst war, dass es in China in einer chinesischen Übersetzung zu haben ist, musste ich es jedem Bekannten hier unbedingt aufschwatzen und tue es bis heute (genau genommen hat mich eine Mitschülerin, mit der ich 2010 in Beijing Chinesisch gelernt habe darauf aufmerksam gemacht).
Ich habe auch noch einmal eine deutsche Version gekauft, als ich einmal wieder in Deutschland war und habe es unserem (damals noch im Bauch meiner Frau befindlichem) Sohn vorgelesen.
Man sagt ja, dass man Kinder vor der Geburt schon an seine Stimme gewöhnen sollte und so habe ich, obwohl es anfangs etwas komisch ist, jeden Tag zu Feierabend dem Bauch meiner Frau etwas vorgelesen bzw. -gesungen (Beatles und David Bowie eignen sich hier besonders gut. Hatte ich, so weit ich weiss schon einmal erwähnt).
Beim Lesen der unendlichen Geschichte war ich sofort wieder Feuer und Flamme und habe mich schon damals darauf gefreut es eines Tages mit ihm zusammen zu lesen, wenn er es dann auch verstehen kann (aber das dauert leider noch eine Weile).
Es ist ein Buch, das kurzatmig und tiefgründig ist und überraschenderweise auch für Erwachsene noch ein paar Weisheiten bereit hält.
Es ist eben kein Friede, Freude, Eierkuchen -Buch, sondern schwenkt, wenn man es gar nicht erwartet noch einmal um und lässt den Protagonisten, mit dem man sich identifiziert hat, zu einem kleinen Arschloch werden.
Man ist sofort daran erinnert, dass man sich selber bereits in seinem Leben aus den unterschiedlichsten fadenscheinigen Gründen öfters nicht korrekt verhalten hat und kommt nicht umhin sich für die herablassende Art des fiktiven Charakters selbst zu schämen, bevor die Geschichte einen später dann wieder auffängt und versöhnlichere Töne anschlägt.
Sie merken wahrscheinlich bereits, dass ich auch heute noch grosse Stücke auf dieses Werk halte.
Es ist qualitativ einfach sehr gut. Dazu gehören auch viele kleine Feinheiten und eine davon ist die Beschreibung des Drachen „Fuchur“ als Glücksdrache.
In der Regel waren Drachen in westlicher Kultur immer böse Ungetüme, die man als tapferer Ritter töten musste um Frieden über das Land zu bringen und die Königstochter zu gewinnen (aus heutiger Sichtweise ist bereits das schon ziemlich chauvinistisch).
In moderneren Erzählungen gibt es dann schon Bezwinger die mehr oder weniger gut mit den Ungetümen auskommen oder Figuren die von den Bestien als Eltern angesehen werden („Game of Thrones“ wäre hier ein schönes Beispiel), aber Bestien bleiben sie eben doch.
Michael Ende hat sich dafür entschieden den Drachen, ganz nach asiatischem Vorbild als Glücksbringer darzustellen und auch die Beschreibung eines langen, schon eher schlangenähnlichen Tiers passt zu der Vorstellung eines Drachen aus Fernost.
Und da sind wir auch schon wieder bei den Drachen. Vielleicht erinnern Sie sich noch an den Artikel Drachen, Löwen, Drachenlöwen und anderes Getier. Dort hatten wir dieses Thema, das einem in China immer wieder begegnet, bereits einmal etwas ausgeleuchtet.
Heute möchte ich einmal auf die Drachen aus Papier eingehen, die man dank des ständigen Windes in Beijing über vielen grossen, weiten Flächen schweben sehen kann.
Dabei finden sich ganz moderne Lenkdrachen ebenso wieder, wie selbstgebaute Kastendrachen und viele, teils sehr originelle Modelle wie eine Krake, die ich einst bestaunen durfte und die sich dermassen realistisch im Himmel bewegt hat, dass ich tatsächlich zweimal hinschauen musste um mich davon zu überzeugen, dass wir nicht gerade von Ausserirdischen angegriffen werden.
Der Drachenbau hat in China eine sehr lange Tradition. Erste Aufzeichnungen gibt es aus dem 6. Jahrhundert v. Chr., allerdings ist es gut möglich, dass er noch viel älter ist.
Hin und wieder kann man bei Veranstaltungen wie Tempelfesten oder ähnlichem noch original handgemachte Drachen bestaunen, allerdings ist dies, genau wie der traditionelle Schirmmacher, ein aussterbender Berufszweig.
Im deutschen heissen die Fluggeräte Drachen, im chinesischen 风筝 (fēng zheng), was mich zuerst etwas irritiert hat.
Denn 风筝 (fēng zheng) bedeutet übersetzt Wind Zither und beschreibt vom aussehen eher einen Kastendrachen, der mit seinen gespannten Sehnen und viel Phantasie eventuell an eine chinesische Zither (古箏 gǔ zhēng) erinnern könnte.
Ein Fluggerät, das im deutschen Drachen heisst, seinen Ursprung im Land der Drachen hat und trotzdem nicht Drachen heisst ? Das ist ja seltsam.
Aber nach etwas Recherche habe ich ihn dann doch gefunden: Den eigentlichen chinesischen Drachen-Drachen.
Der Centipede-Drachen ist eine Besonderheit unter den Drachen. Lang, wie eine Schlange verkörpert er tatsächlich den chinesischen Glücksdrachen, so wie ihn nicht nur Michael Ende beschreibt.
Dieses spezielle Modell war in früheren Zeiten dem Kaiser vorbehalten, niemand sonst, durfte einen derartigen Drachen steigen lassen, alle anderen mussten sich mit anderen Tieren begnügen. Was dann auch erklären könnte, warum man den Drachen in China eben nicht nach dem Fabelwesen benannt hat.
Damals schnitt man, wenn der Centipede-Drachen weit oben in den Lüften war, die Schnur durch und liess ihn frei. Das sollte Glück bringen.
Vermutlich ist er dann irgendwo falsch abgebogen und irgendwie nach Phantasien gekommen, wer weiss das schon so genau.
Auf jeden Fall dürfte er auf seinem Weg vielen Menschen Glück gebracht haben, wenn man den den alten oder auch den neuen Geschichten glaubt.
Und so wie das Wissen um den Drachenbau von Generation zu Generation weitergegeben worden ist, will auch ich „Fuchur“ und all die anderen Geschöpfe meinem Sohn vorstellen, wenn er dann etwas älter ist und wer weiss, vielleicht gibt er die Geschichte auch wieder an die nächste Generation weiter und macht sie so tatsächlich zu einer unendlichen Geschichte.
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