Spät kommt Ihr – Doch Ihr kommt!
Man entdeckt teils recht aberwitzige Dinge, wenn man sich die Werbetafeln in Beijings U-Bahn anschaut.
Ursprünglich sagte Freiherr Christian von Illow diesen Satz zu Johann Ludwig Hektor Graf von Isolani in Schillers Dramen-Trilogie „Wallenstein“, die an historischen Ereignissen angelehnt ist und sich den Niedergang des berühmten Feldherrn Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein (besser bekannt als Wallenstein) zum Thema gemacht hat.
Da ich jahrelang in Beijing gelebt habe, bin ich es gewohnt, dass Bahnen pünktlich fahren.
Man könnte zwar meinen, da der Verkehr in China sehr an ein Laissez-faire-Projekt erinnert, dass auch Fahrpläne nicht pünktlich eingehalten würden. Aber weit gefehlt.
Die Ernsthaftigkeit, die man auf der Arbeit, im Strassenverkehr und an vielen anderen Stellen in China vermisst, ist beim Einhalten der Fahrpläne allgegenwärtig.
Und das steht im krassen Gegensatz zu Deutschland, wo man eigentlich pünktliche Züge und Bahnen erwarten würde. Aber dieses Vorurteil bestätigt sich tatsächlich nicht.
Wieder zurück in der Heimat, auf dem allmorgendlichen Weg zur Arbeit kommt man schnell mal der Verzweiflung nahe.
Eine Strassenbahn, die von der aller ersten bis zur zweiten Haltestelle ihrer Strecke bereits eine Verspätung von über 30 Minuten hat und das jeden Tag?
Vielleicht ist es ein typisches Phänomen in Köln. Aber wenn ich die Kollegen an anderen deutschen Standorten erzählen höre oder einfach nur den Fahrplan der deutschen Bahn mit den tatsächlichen Abfahrtzeiten vergleiche, dann glaube ich dass dieses Problem doch ein grösseres ist. Da läuft etwas gewaltig schief.
Aber abgesehen davon fallen mir darüber hinaus auch noch viele andere kleine aber feine Unterschiede bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf. Positiv, wie negativ:
Erst einmal merkt man sofort, dass die deutsche Gesellschaft aus vergleichsweise vielen alten Menschen besteht, alleine schon wenn man sich die Geschwindigkeit der Rolltreppen anschaut. Daran muss man sich erst mal wieder gewöhnen.
Aber auch eine schöne Sache kann ich immer wieder beobachten: Bevor man in die Bahn oder den Bus einsteigt, lässt man in Deutschland erst einmal alle anderen aussteigen. Ausnahmen bestätigen hier wie immer die Regel, denn im groben und ganzen ist es tatsächlich so.
Ganz anders in China. So bald die Türen aufgehen wird gedrängelt. Dabei blockiert man nicht nur die Aussteigenden, sondern nimmt auch überhaupt keine Rücksicht auf die Leute, die vor einem gewartet haben und versucht sich auch an diesen vorbeizudrücken.
Diese wiederum versuchen das zu verhindern und drängeln ihrerseits, was das ganze schnell in ein ungeordnetes Minichaos ausarten lässt.
Allerdings beschwert sich in dieser Situation kaum jemand (hatten wir alles im Artikel Mein Papa kann... behandelt). Dieses Verhalten würde in Deutschland sofort eine hitzige Diskussion, manchmal sogar aggressiveres Verhalten hervorrufen.
Aber eine Sache im deutschen Nahverkehr, die sich mir absolut nicht erschliessen will, ist folgende: Warum muss man sein gottverdammtes Fahrrad mit in die Bahn nehmen?
Das würde in China niemand machen und auch ich verstehe es einfach nicht. Ein Fortbewegungsmittel in einem Fortbewegungsmittel. Warum sollte man so etwas tun? Man nimmt Rollstuhlfahrern oder Leuten mit Kinderwagen den Platz weg und macht sich dazu noch zum Ärgernis für alle anderen Fahrgäste die, teils mit Taschen bepackt, vorsichtig im ruckelden Zug um einen herum manövrieren müssen.
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