Schöne, böse Frauen
Junge Frauen, die sich ganz wie ihre Vorbilder aus den Fernsehserien in mehr oder weniger klassischen Gewändern fotografieren lassen, findet man in fast jedem Park.
Ich persönlich habe mich nie wirklich dazu hinreissen lassen, ich habe Fernsehen immer als eine Belastung meines Tagesablaufs angesehen.
In Deutschland war das schon so, aber bevor es soweit war, hat es auch dort es etwas Zeit gebraucht.
Auch ich habe in der Vergangenheit zu viel Zeit vor der Glotze verbracht, immer von einem Kanal zum nächsten wechselnd, wenn Werbung kam.
Eines Tages bin ich sprichwörtlich aufgewacht und habe mich ganz bewusst gefragt: „Was hast Du gerade gesehen, bevor die Werbung kam und Du umgeschaltet hast ?“.
Ich wusste noch, dass ich wieder zurückschalten wollte, konnte mich aber nicht mehr erinnern, was es war.
Und das hat mir Angst gemacht. Somit habe ich den Fernsehkonsum langsam aber sicher zurückgefahren.
Ich habe nie extrem viel Zeit vor dem Fernseher verbracht, da ich viele Hobbies und auch oft lange gearbeitet habe, aber trotzdem habe ich die Zeit, die man sich nach der Arbeit zur geplanten Entspannung auf die Couch setzt und herumzappt immer schon als Zeitverwendung angesehen und mich jedesmal geärgert, nachdem ich wieder ein gutes Stück Lebenszeit in die Belanglosigkeit habe entgleiten lassen.
Mit dem Umzug nach China hat sich das Problem komplett in Nichts aufgelöst. Ich sehe kein fern mehr.
Oder sagen wir besser: hin und wieder schaue ich mal auf Videoplattformen im Internet vorbei, aber in der Regel schaue ich dann Lernvideos, die mich in meiner Arbeit unterstützen, die Tagesschau oder ausgesuchte Themen, die mich wirklich interessieren.
Ich gehe wieder öfter mal ins Kino. Mit der Familie alle paar Wochen mal. Das macht Spass.
Aber den Fernseher, der zur Einrichtung unserer Wohnung gehört schalten tatsächlich nur meine Schwiegereltern ein, wenn sie mal vorbeikommen, um auf den Kleinen aufzupassen (Wenn wir ins Kino gehen zum Beispiel).
Sie glauben gar nicht, in welchem Maße die Lebensqualität steigt, wenn man die Glotze nicht mehr anschaltet.
Das chinesische Programm unterscheidet sich, neben den weltweiten Formaten, in denen Superstars oder die Frau fürs Leben gesucht werden etwas von dem, was man aus der Heimat so kennt.
Wobei auch hier vieles, wenn auch kulturell etwas anders angehaucht, vom Sendeformat her dann doch wieder recht ähnlich ist. Viele Soap Operas, meist aus Kaisers Zeiten.
Sie spielen in chinesischen Gärten oder Palästen, wo schöne, böse Frauen sich gegenseitig vergiften.
Und viele Spielshows, in denen paillettenbesetzte, schlacksige Kommentatoren mit den eingespielten Geräuschen und Animationen um die Wette hampeln um Aufmerksamkeit zu erhaschen.
Auch wenn das Programm hin und wieder etwas interessantes bereitstellt, ein totaler Verzicht bietet sich aus meiner Sicht tatsächlich an.
Und der Umstand, dass man sich immer ein wenig anstrengen muss um etwas zu verstehen, da das Programm selbstverständlich auf chinesisch ist, macht es einem dann auch recht einfach „Nein“ zu sagen.
Meine Frau und ich lesen sehr viel. Und wir unterhalten uns (Auch über das, was wir gelesen haben).
Das gibt mir persönlich wesentlich tiefere Einblicke in die chinesische Kultur, als es das stumpfe Fernsehprogramm könnte.
China sucht den Superstar oder irgendwelche Palastschönheiten, die um die Gunst des Kaisers kämpfen sind eben nichts im Vergleich zu einem Gespräch über klassische, chinesische Literatur mit jemanden, der einem all die kulturellen Hintergründe und Seitengeschichten begreiflich machen kann.
Aber ich denke, dass man nicht notwendigerweise in einem anderen Land leben muss um seine Fernsehgewohnheiten einmal zu überdenken.
Ich habe letztens noch irgendwo gehört, dass laut einer Studie Lesen die Gehirnaktivität positiv beeinflusst, während Fern sehen das Gegenteil verursacht (Studien sind ja immer so eine Sache, aber dies ist eine, die ich gerne glauben möchte).
In diesem Sinne: Machen wir uns schlau!
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