Titanen
Ein Elektroflitzer der superlative von der chinesischen Firma 前途 [qián tú), was so viel wie Perspektive, Aussicht zukünftige Erwartung bedeutet).
Viele Menschen glauben bis heute, dass der Autor hellseherische Fähigkeiten gehabt haben muss. Ein Schiff Namens „Titan“, das grösste seiner Zeit und als unsinkbar deklariert, rammt im Nordatlantik einen Eisberg und kentert. Viele Menschen können nicht gerettet werden, da zu wenige Rettungsboote an Bord sind.
Kommt Ihnen bekannt vor ? Nun, das sind genau die Fakten, die in dem Roman von 1898 deckungsgleich mit der Katastrophe von 1912 sind (Bei dem Namen „Titan“ und „Titanic“ drücken wir mal ein Auge zu).
Das ist, zumindest aus diesem Blickwinkel, tatsächlich beachtlich. Allerdings ist das natürlich nur wieder die halbe Wahrheit.
Robertson hat sich für seinen Roman, so wie viele Schriftsteller durch eine Tragödie aus dem wahren Leben inspirieren lassen.
Denn bereits 1880 sank ein Dampfschiff nach der Kollision mit einem Eisberg vor Neufundland (wieder im Nordatlantik). Sein Name „Titania“.
Wenn wir uns die Geschichte jetzt aus diesem Blickwinkel anschauen, dann ist eigentlich die Geschichte um den Roman nicht mehr interessant. Ein Autor hat anhand einer wahren Begebenheit eine Geschichte erzählt, mehr nicht.
Was noch ein interessanter Zufall ist, dass zwei Schiffe mit ähnlichen Namen das gleiche Schicksal ereilt hat.
Obwohl die Namen auch nicht zufällig sind. Es waren zu ihrer Zeit die grössten Schiffe, da wollte man auch einen mächtigen Namen haben. Was liegt also näher als sich in der griechischen Mythologie zu bedienen und den Namen eines mächtigen Göttergeschlechts von Riesen in Menschengestalt, den „Titanen“ zu gebrauchen ?
Aus diesem Blickwinkel ist das grosse Mysterium gar keines mehr, nicht wahr ?
Nicht immer hängen die Dinge so zusammen, wie man meint, selbst wenn es manchmal den Anschein hat, aber Menschen lieben es einfach in solchen Zusammenhängen zu denken.
Ich habe meine Artikel eine Zeit lang immer unter der Woche veröffentlicht, ganz einfach weil dann die Wahrscheinlichkeit am höchsten ist auch ein paar Likes auf Facebook zu bekommen.
Dann kam die Frage auf „Du arbeitest den ganzen Tag, hast zu Hause eine Familie mit einem Kleinkind und hast dann noch Zeit einen Artikel zu schreiben ?“. Nein, habe ich nicht. Die Artikel entstehen am Wochenende.
Und in den seltensten Fällen komplett am Stück. Ich habe immer ein paar Artikel, an denen ich am Wochenende herumwerkel, bis ich sie veröffentliche.
Um also nicht den Eindruck zu erwecken, ich würde die Artikel während der Arbeitszeit schreiben, veröffentliche ich sie eben jetzt auch am Wochenende, was natürlich ganz massiv die Likes einschränkt.
Aber so sind Menschen eben, sie erstellen automatisch Verbindungen, an die sie dann felsenfest glauben, selbst wenn diese Dinge in keinster Weise miteinander zu tun haben. Es passt halt gerade so gut.
Ein paar schöne Beispiele hierzu haben wir dem Amerikaner Tyler Vigen zu verdanken, der wahllos Statistiken zusammengeführt hat, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben, aber einen ähnlichen Kurvenverlauf aufweisen.
Somit sind die Graphen der Scheidungsrate in Maine und die des Verzehrs von Margarine in den USA (jeweils von 2000 bis 2009) fast deckungsgleich. Interessant, aber völlig sinnbefreit.
Ein schönes Beispiel aufzuzeigen, wie sinnlos Statistiken ohne fundierte Grundlage doch sind. Auf diese Weise kann man so ziemlich alles schön- oder schlechtreden.
Und vor allen Dingen kann man Dinge miteinander verknüpfen, die zufälligerweise zur gleichen Zeit signifikante Änderungen aufweisen.
So könnte man auch schön die Arbeitslosenzahlen, die sich 2005 auf einem Rekordhoch befanden mit dem Ende der Übergangsfrist für die Rechtschreibreform verbinden, das genau auf dieses Jahr fiel.
„Arbeitslosenzahlen auf Rekordhoch, weil Deutsche zu dumm zum Schreiben sind“ wäre doch ein schöner Titel für die Boulevardpresse gewesen.
Wie heisst es so schön ? „Traue keiner Statistik, die Du nicht selber gefälscht hast“.
Auch im Zusammenhang mit China hält man aus westlicher Sicht an vielen Vorurteilen fest, die einfach nicht (oder nicht mehr) korrekt sind.
Ein aktuelles Beispiel haben wir hier: Nachdem Amerika massive Zölle auf Waren aus China erhoben und dem Apple Konzern nahegelegt hat doch im eigenen Land zu produzieren, hat die Antwort des Apple Konzerns viele Leute vor den Kopf gestossen, dabei ist es schon seit geraumer Zeit kein Geheimnis mehr (Es wollte in den westlichen Nationen bis jetzt nur niemand wahr haben).
Erstens: China ist schon lange nicht mehr das Billigproduktionsland das es einmal war. Firmen die hier produzieren lassen, tun es nicht mehr wegen der geringen Löhne.
Zweitens: Sie tun es nämlich auf Grund der inzwischen gut ausgebildeten Arbeiter, die es hier in grossen Mengen gibt.
Wie Apple es so schön bildlich beschreibt: Würde man die geeigneten Leute in Amerika zusammensuchen, könnte man nicht einmal einen Raum mit ihnen füllen, dagegen findet man in China in gewissen Gebieten qualifiziertes Personal in Massen, so dass man damit Fussballfelder füllen könnte.
Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die lokalen Unternehmen. Diese können ihre Mitarbeiter auch aus einem Pool gut ausgebildeter, junger Leute schöpfen.
Dazu kommt, dass die Mittelschicht in China in den letzten Jahren gewachsen und um einiges vermögender geworden ist.
Das hat Einfluss auf das Kaufverhalten, was chinesische Firmen dazu zwingt von Massenkopien zu Qualitätsproduktionen überzugehen und in direkte Konkurrenz mit den ausländischen Firmen zu treten.
Laut einer Umfrage, die die europäische Handelskammer in China bei ihren Mitgliedsfirmen gestartet hatte, sagten 61% der Unternehmen aus, dass ihre chinesische Konkurrenz ihnen in Sachen Innovation ebenbürtig oder sogar voraus sei.
In chinesischen Unternehmen geht man Inzwischen immer mehr dazu über eigene Produkte zu entwickeln, die Zeiten der Massenkopien gehen langsam ihrem Ende entgegen.
Dabei haben die lokalen Unternehmen inzwischen so viel Wissen angehäuft, dass immer mehr von ihnen in der Lage sind, in fast allen wirtschaftlichen Bereichen mit eigenen Produkten bis ganz oben in die Spitzenpositionen des Marktes vorzudringen.
Viele High-Tech- und andere Produkte stehen denen der bekannten Marktführer in nichts mehr nach und es ist bloss eine Frage der Zeit, wann sie in anderen Ländern die Warenregale füllen werden.
Firmen wie Lenovo, Xiaomi (小米科技 xiǎo mĭ kē jì) oder Huawei (华为技术公司 huá wéi jì shù gōng sī) sind bloss der Anfang.
Wenn Sie wüssten, was man in China bereits alles kaufen kann, dann würde Ihnen das Prospekt des grossen Elektronikladens in der Einkaufspassage Ihres Stadtviertels, der zur Neueröffnung die überdimensionalen Plasa-Fernseher verlost nur noch ein müdes Lächeln entlocken.
Angesprochene chinesische Firmen werden immer grösser und einflussreicher und können sich durchaus mit den alteingesessenen multinationalen Globalplayern messen.
Der hart umkämpfte, chinesische Markt hat sie stark gemacht, sie müssen den internationalen Markt in keinster Weise fürchten.
Es gibt noch ein paar Gebiete in denen chinesische Firmen, laut Aussage der europäischen Handelskammer, nicht so schnell aufgeholt haben (Ingenieurswesen, Pharmaindustrie etc.), aber auch hier wird fleissig gearbeitet.
Auf anderen Gebieten scheinen chinesische Unternehmen unaufhaltsam. Sie sind, wenn man so will, die neuen Titanen und greifen jetzt die alten an.
Wer hätte gedacht, dass ein einst grosses Göttergeschlecht irgendwann einmal herhalten muss um Schiffen, Firmen und sogar Fussballern einen Namen zu geben. Sie würden sich im Grabe umdrehen (oder im Tartaros vor Wut umherspringen, wenn wir geschichtstreu bleiben wollen).
Aber so ist das eben. Menschen verbinden gerne Dinge miteinander und lieben es dabei auch gerne mal zu übertreiben. Wir werden also auch in Zukunft wohl noch vielen Titanen begegnen.
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