Hempels Sofa
Selbst wer nur Gruppenleiter und ähnliches ist, markiert seine Position oft mit den passenden Sitzmöbeln.
Wahrscheinlich stammt sie nicht von einer real existierenden Familie mit dem Namen „Hempel“.
Martin Luther nutzte die Bezeichnung „grober Hempel“, um einen unkultivierten und einfältigen Menschen zu bezeichnen. Heute in abgewandelter Form noch als Hampelmann bekannt. Die Vermutung liegt also nahe, dass sie hier ihren Ursprung haben könnte.
„Hempels Sofa“ wird hin und wieder auch als „Hempels Bett“ oder „Hempels Küche“ bezeichnet, aber bleiben wir einfach mal beim Sofa (Ich habe einen schönen Artikel von Gérard Foussier für Karambolage bei Arte dazu gefunden, aus dem ich Auszugweise gerne ein paar Stücke einstreuen möchte):
Das Sofa kam Ende des 17ten Jahrhunderts auf, und war nicht viel mehr als eine gepolsterte Bank.
Laut Lexika jener Zeit ein Ruhebett mit drei Lehnen, auf dem man sitzt.
Ursprünglich ist Sofa nämlich ein arabisches Wort und bezeichnet ein Kissen.
In Frankreich nannte man es Im 18ten Jahrhundert dann vermehrt „Divan“. Ein türkisches Wort, das eigentlich einen Raum in reichen Häusern bezeichnet, mit Sitzkissen.
Die Deutschen übernahmen diese Mode und machten aus dem „v“ ein „w“ (sieht halt deutscher aus).
Ganz so einfach ist es dann aber doch wieder nicht, denn offiziell bezeichnet „Diwan“ einen langen Sitz ohne Lehnen, während ein Sofa eine Rücken- und zwei Armlehnen hat. Aber sind wir ehrlich: Das sind bloss Kleinigkeiten, das Sitzmöbel ist und bleibt ein Sofa (oder eben Divan).
Das verhält sich genau wie beim Farbspektrum. Man kann Farben mit so Klangvollen Namen wie Smaragt, Minze, Moos, Lorbeer, Limone und Avokado kreieren, sie gehören dennoch alle zur Farbfamilie von Grün (Ein Thema das Frauen und Männer in der Regel kontrovers betrachten).
Irgendwann nannte man das Sitzmöbel in Frankreich, so wie auch in weiten Teilen Deutschlands „Canapé“, oder eben „Kanapee“ eingedeutscht.
„Canapé“ wiederum ist ein griechisches Wort und bedeutet Mückennetz. Offensichtlich war man bei der Wortwahl für dieses Möbel sehr darauf bedacht das Objekt selber nicht zu beschreiben.
Noch später wurde vermehrt ein englisches Wort gebraucht um das Sofa zu beschreiben, die „Couch“, welche sich aus dem französischen Verb „coucher“, also „hinlegen“ ableitet.
Möbelspezialisten verwenden all diese Begriffe für Sitzmöbel, deren Unterschiede sich dem Otto-Normalverbraucher in der Regel nicht erschliessen.
Schwenken wir jetzt aber wieder zu China: Mir fällt immer wieder auf, dass Chinesen in ihrem Wohnzimmer oder einem Gemeinschaftszimmer, wenn sie eines haben, riesige Sofas und Sessel bevorzugen.
Wenn man sich hineinsetzt, kommt man sich irgendwie verloren vor. Und sie sind in der Regel nicht einmal bequem, einfach nur gross (oder protzig, wie man bei uns sagen würde).
Ich bin mir nicht sicher, ob man damit einen sozialen Status markieren will, oder nicht.
Denn vergleichbares ist mir schon in chinesischen Firmen aufgefallen. Die Mitarbeiter arbeiten alle auf dem gleichen Modell Bürostuhl, während der Chef / Manager in einem überdimensionalen Sessel sitzt.
In China durchaus normal, wirkt es auf Ausländer doch immer wieder skurril an der Grenze des lachhaften.
Allerdings ist das natürlich wieder nur die Sichtweise eines Deutschen. Denn auch in anderen Ländern ist es durchaus normal ein wenig zu protzen, wenn man es denn kann.
Dass nicht jeder so verhalten mit seinem Vermögen bzw. seiner Stellung umgeht wie in Deutschland, ist mir immer wieder in Amerika aufgefallen. Autos und Armbanduhren, die so gross sind, dass man sie kaum noch praktikabel bedienen kann sind ein Trend, der sich glücklicherweise nur langsam seinen Weg nach Deutschland bahnt.
Wie auch immer. Grosse Möbel scheinen in China Chefsache zu sein und ich komme nicht umhin zu vermuten, dass man sich selber vermutlich ebenso ein wenig wie ein Chef fühlen möchte, wenn man zu Hause auf den unbequemen Möbeln Platz nimmt.
Bleibt nur zu hoffen, dass es unter dem Sofa sauberer ist als bei den Hempels zu Hause.
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