Schnapsidee

In China ist Kaffee in den letzten Jahren immer beliebter geworden und der Markt inzwischen hart umkämpft.
Ich erinnere mich noch an die Zeit als ich nach China gereist bin, bevor ich dort gelebt habe:
Kaffee war ein Getränk das es schon überall in internationalen Fastfood Restaurants und anderen Läden gab, aber fast ausschließlich in sehr bitterer Art.
Für Kaffeegenießer aus dem Westen eher nicht zu empfehlen.
Aber zu dieser Zeit gab es auch schon hier und da einige selbsternannte Baristas, die (meist in den Hutongs (胡同 hú tòng), den alten Stadtvierteln) ihre kleinen Cafes aufgemacht haben und bei denen man dann auch einen Kaffe bekommen konnte, wie man ihn von zu Hause aus gewohnt war.
Allerdings waren die Preise sehr hoch.
Eine Tasse Kaffee hatte umgerechnet ca. 3 bis 7 Euro gekostet. Zum Vergleich: Ein koplettes chinesisches Essen, wie zum Beispiel 红烧肉 (hóng shāo ròu) oder ähnliches mit Reis und einem Getränk gab es in dem lokalen Imbiss, bei dem ich oft essen war, für umgerechnet 1,50 Euro.
Seitdem hat sich viel getan. War damals ausschließlich Milchtee der ganz grosse Renner, ist auch Kaffe inzwischen in China zu einem In-Getränk geworden.
Und die Unternehmen müssen sich inzwischen sehr ins Zeug legen, um ihre Produkte an den Mann / die Frau zu bringen.
Somit werden ständig neue Geschmacksrichtungen entworfen die teilweise recht skurril anmuten.
Kaffee mit Vanille, Zimt und Teegeschmack sind die normaleren Geschmacksrichtungen.
Käsekuchen, Durian (sie erinnern sich? Die stinkende Frucht aus dem Artikel Von süssen Früchten, etwas stinkendem und einer Prinzessin) und Bonbongeschmack sind schon etwas spezieller.
Seit einiger Zeit gibt es aber einen neuen Trend. Ich hatte vor einiger Zeit schon mal davon gehört, aber bis vor kurzem selber noch nicht probiert.
酱香拿铁 (jiàng xiāng ná tiě) heisst das Zauberwort.
Die Hersteller sind auf die glorreiche Idee gekommen, einen Kaffe mit Schnapsgeschmack zu entwerfen.
酱 (jiàng) bezeichnet eine fermentierte Sosse oder Alkohol, 香 (xiāng) ist der Geschmack und 拿铁 (ná tiě) bedeutet Latte, oder Milchkaffee.
Dieser Kaffe hat den Geschmack von chinesischem Alkohol, dem sogenannten 白酒 (bái jiǔ), der selber schon für Ausländer etwas gewöhnungsbdedürftig ist..
Wie gesagt, ich habe ihn jetzt selbst probiert (die Instant Variante zum selber aufbrühen) und was soll ich Ihnen sagen?
Nun ja, der Geschmack ist jetzt nicht so schlecht wie erwartet. Auch nicht wirklich toll, aber man kann ihn schon trinken.
Allerdings riecht das ganze, als ob man eine Flasche Schnaps verschüttet hätte.
Man sollte diese kulinarische Besonderheit also besser nicht auf der Arbeit im Büro trinken, das wird zwangsläufig zu einigen schrägen Blicken der Kollegen führen.
Obwohl ja technisch überhaupt kein Alkohol in dem Getränkt ist, wird man sich trotzdem vor dem einen oder anderen rechtfertigen müssen.
Na denn: Prost!

Zickezacke Entenkacke

Seit ungefähr zwei Jahren gibt es einen neuen Trend in China und der ist sowas von chinesisch, dass sich selbst der geneigte Leser dieses Blogs, der nun schon einiges gewöhnt sein sollte, überrascht fragen wird: „Was zur Hölle...?“
Es gibt ja immer wieder neue Aromen die irgendwann „in“ sind und mit denen dann alles mögliche hergestellt wird.
Ein Beispiel dafür ist die Durian (榴莲 liú lián), die wir im Artikel Von süssen Früchten, etwas stinkendem und einer Prinzessin das erste mal erwähnt hatten.
Eine Frucht die seltsam müffelt und eigentlich ganz nett schmeckt (ich will nicht lügen: den meisten Ausländern schmeckt sie nicht, aber ich finde den Geschmack ganz passabel).
Irgenwann wurde sie zum verfeinern von Speiseeis, Torten, Keksen, Chips (glaub ich auch), Pizza und ichweissnichtwassonstnochalles genutzt.
Oft sind es Fruchtaromen oder spezielle Teesorten.
Und auch diesmal haben wir wieder etwas besonderes: Das Enten-Kacke-Aroma.
Nein, sie haben sich nicht verlesen. Es steht tatsächlich so auf den Verpackungen (鸭屎香茶叶 (yā shǐ xiāng chá yè)) übersetzt Enten-Kacke-Aroma Teeblätter) und es ist, wenn Sie mir den Wortwitz verzeihen, aktuell der heisse Scheiss.
Ich habe mich lange davor gehütet dieses Aroma zu probieren, aber jetzt, wo es sich immer weiter ausbreitet und beliebter wird, muss ich mich dann doch mal schlau machen.
Und siehe da: Der Name verschleiert ein wenig worum es sich wirklich handelt. Wahrscheinlich wurde er bewusst gewählt, genau aus diesem Grund.
鸭屎香茶叶 (yā shǐ xiāng chá yè) sind Teeblätter mit denen alles mögliche aromatisiert wird.
In diesem Fall Erdnüsse. Und ich muss sagen, sie schmecken wirklich lecker.
Tatsächlich hat das alles nichts mit Enten-Fäkalien zu tun, lediglich der Boden auf dem der Tee wächst, weist eine Struktur auf, die dem Aussehen von Enten-Kacke gleichen soll.
Aber auch das weiss ich nur aus nicht gesicherten Quellen, ich gehe aber davon aus, dass es stimmt.

Die Leute.

Früher sind die Leute nicht, oder sagen wir: „in der Regel nicht", mit seltsamen Stoffmützen herumgelaufen, die wie ein schräg aufgesetzter Putzlappen aussahen.
Ich kann mich irren, aber ich glaube dieser Trend kommt von den Snowboardern, die ihre Wollmützen auch gerne mal im Sommer tragen wollten und so eine dünnere Version haben entstehen lassen.
Oder mit anderen Worten: ein absolut überflüssiges Produkt, ohne Nutzen.
Wer Kinder hat, kann dann im Nachhinein doch noch einen Nutzen aus diesem Kleidungsstück ziehen, sei es der Schutz vor Dreck, Zecken oder Durchzug, aber im ursprünglichen Kontext dürfte es recht nutzlos sein.
Früher gab es auch einige, wenige Leute die solche Mützen im Sommer getragen haben, aber die haben dann auch mit sich selber geredet.
Nun, auch diese Leute gibt es so nicht mehr. Oder besser gesagt: Sie fallen nicht mehr auf, da inzwischen jeder Zweite über irgendeine unsichtbare Sprecheinrichtung mit irgendwem in Kontakt zu sein scheint.
Als ich Kind war, lief bei uns immer eine Frau über eine Ampel an einer recht belebten Strasse.
Ich glaube, sie hat den halben Tag dort verbracht, ist bei jeder Grünphase einmal hin und einmal wieder zurück gelaufen und hat laut die Leute gezählt.
Sie hatte irgendein System, das ich nie wirklich verstanden habe. Einige Leute hat sie doppelt gezählt, andere gar nicht.
Ich glaube aber nicht, dass das Zufall war, dafür war sie zu ernst bei der Sache.
Und sie hat zu jedem irgendeinen Satz zum besten gegeben, von dem man bestenfalls zwei oder drei Wörter verstehen konnte.
Ich finde so ein Verhalten bis heute immer noch äusserst interessant.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich möchte mich gar nicht über diese Leute lustig machen, vielmehr frage ich mich, warum sie so sind, wie sie eben sind und ob sie vielleicht nicht doch ein kleines Stück Wahrheit besitzen, das niemand sonst weiss und sie eigentlich diejenigen sind, die den Durchblick haben. ...man weiss ja nie...
Aber diese Leute laufen jetzt auch unter dem Radar. An jeder Ecke steht heute jemand und spricht mit einem unsichtbaren Gesprächspartner über die besten Methoden sein Vermögen zu investieren, die letzte Weihnachtsfeier bei der Paul mit Hanna auf dem Behindertenklo überrascht wurden, als sie ganz und gar nicht christliche Dinge vollzogen haben, oder über alte Hausmittelchen die todsicher bei Hühneraugen helfen und auch als Brotaufstrich zu gebrauchen sind.
Auch so ein Ding, das es früher nicht gab: Damals hat man sich, nachdem man umständlich drei Groschen aus seiner viel zu engen Jeanstasche geangelt hat, in einer nach Urin und Hartplastik riechenden Telefonzelle einen Platz zwischen Branntflecken und Kaugummiresten gesucht um sich anzulehnen, nur damit man ungestört und ohne dass es jemand anderes mitbekommt, telefonieren kann (Da soll nochmal einer sagen früher wäre nicht alles besser gewesen).
Heute muss ich gezwungenermassen, weil die junge Dame mit dem Bauchfrei-Top und der lila Leggins eine Lautstärke beim Telefonieren an den Tag legt, die jeden startenden Überschallflieger neidisch machen würde, mit 30 anderen Fahrgästen ihre Geschichten über Scheidenpilz und juckende Hämorrhoiden mit anhören, während sie sich einen undefinierbaren Kniest unter den Fingernägeln hervorknibbelt.
Naja, es ändert sich eben alles. Und ganz unter uns: Es wird weder besser, noch schlechter, einfach nur anders.
Ob es besser oder schlechter wird, hängt einfach vom Alter des Betrachters ab und wie anpassungsfähig er noch ist.
In jungen Jahren ist man noch bereit für seine Überzeugungen zu sterben, obwohl das niemals irgendjemand auch nur ansatzweise erwarten würde (oder um es in den richtigen Kontext zu packen: Den anderen Leuten ist diese Meinung einfach völlig egal. Wasauchimmer!).
Aber man selber ist ja so unendlich wichtig. Und überhaupt funktioniert alles ohne Führung wesentlich besser. Anarchie! Laissez-faire! usw.
Das ist eigentlich der klassische Kampf der Altersgruppen. Zwischen denen, die alles bereits besser gemacht haben als alle die noch kommen werden und denen, die alles noch viel besser machen werden.
Wobei die älteren Generationen eher konservativ und die jüngeren in der Regel revolutionell denken.
Und da sind wir dann auch endlich von Stöckchen über Hölzchen zu unserem eigentlichen Thema gekommen.
In China gibt es eine seltsame Konstellation, in der sich besagtes Phänomen genau anders herum offenbart.
Ich nenne es gerne „Reverse Anarchie".
Schuld daran ist (bzw. war) die Kulturrevolution in China.
Ich hatte es mindestens einmal kurz angerissen. Die jüngeren Generationen warten, dass die älteren endlich aussterben, damit wieder so etwas wie eine „normale Ordnung“ eintreten kann.
Okay, ich denke das müssen wir dem allgemeinen und unbedarften Leser etwas genauer erklären:
Zu Zeiten der Kulturrevolution in China wurden reiche Chinesen enteignet, Unternehmen und Landwirtschaftsbetriebe verstaatlicht und es gab eine, sagen wir mal „Säuberungsaktion“, der grosse Teile der Kultur und auch der sozialen Formen zum Opfer gefallen sind.
Kinder haben ihre Eltern als staatsfeindlich gemeldet, damit diese eingesperrt wurden.
Es würde zu weit führen und ich muss auch ganz ehrlich eingestehen, dass ich mich zu wenig mit dem Thema beschäftigt habe, um hier eine auch nur annähernd qualifizierte Aussage zu tätigen.
Aber fest steht, dass eine gewisse Generation (die Generation, die jetzt Grosseltern werden bzw. sind) sich im sozialen Umfeld oft aufführt wie die Axt im Walde.
Schule und Bildung waren verpöhnt und Umgangsformen oft auch, was bei etlichen Chinesen bis zum heutigen Tag Spuren hinterlassen hat.
Sollten Sie also einmal einer aufgebrachten Frau gehobenen Alters auf der Strasse in Beijing begegnen, lassen Sie sich auf gar keinen Fall mit hineinziehen (in was auch immer).
Diese renitenten Frauenzimmer haben es fastdick hinter den Ohren. Die schrecken auch nicht davor zurück mal Schläge auszuteilen.
Allerdings habe ich noch nicht gehört, dass sie auch Ausländern gegenüber handgreiflich geworden wären.
Wer einige Zeit in China verbringt, wird sie kennen (und wahrscheinlich nicht lieben). Aber sie gehören zu China wie ein Köbes (Kellner) in Köln auch nur echt ist, wenn er unverschämte Anspielungen bei der Bestellung macht und den Servicegedanken in einer, für Nicht-Einheimische, recht skurrilen Art auslebt.
Und eigentlich gibt es derartige Leute überall auf der Welt, wenn man mal ehrlich ist.
In diesem Sinne: „Prost“.

Sahneheringe - oder - Deja-Vus sind oft Fehler in der Matrix

Laut der modernen Physik (oder zumindest einer populären Strömung in ihr), sollen wir glauben dass am Anfang, also zur Entstehung des Universums weder Raum noch Zeit existiert haben.
Das ist erst einmal ein ziemlich schwer verdaubarer Brocken, so etwas bereitet gewisse Schwierigkeiten, wenn man versucht es sich vorzustellen. Aber gut, lassen wir das erst einmal so stehen.
Dann gab es angeblich den grossen Knall und alles breitete sich aus, verdampfte, wurde fest, zersetzte sich wieder, wurde wieder fest bis endlich das Universum mit all seinen Galaxien, Sternen, Elementen, Sahneheringen und Hundekotbeutelspendern da war.
Wenn das der Anfang war, ist natürlich die Frage: „Was war vorher?“ ... Ach ja, ich vergaß: Es gab ja noch keine Zeit, also auch kein “vorher” (ich kann meinen Verstand einfach nicht dazu bringen so verquer zu denken).
Nun gut, es gab halt keine Zeit in unserem Ding und Raum auch nicht. Aber muss es nicht doch irgendwoher gekommen sein?
Die Weltreligionen sagen einfach: „Klar. Vorher war Gott und der hat alles gestartet.“ (Auch nicht sehr überzeugend, meiner Meinung nach, aber zumindest schon mal ein Erklärungsversuch).
Nehmen wir doch einfach mal das Gott-Modell und modifizieren es ein wenig:
Gehen wir einfach davon aus, dass da etwas war, das das ganze gestartet hat.
Und was denn eigentlich? Nun ja die Existenz von einfach allem. ... Hm, das ist ein wenig vage.
Nun, betrachten wir es doch einfach mal von dieser Seite: Das Universucm, das Leben und alles was so dazugehört, folgt, so weit wir das erkennen können bestimmten Regeln: Physikalische Gesetze, mathematische Prinzipien etc.,
Und nach diesen Regeln läuft das Programm „Existenz“ ab.
Um mal bei dem Gott-Modell zu bleiben: Da hat der alte Herr einfach einen Doppelklick auf das „Erschaffe alles“-Symbol gemacht, vielleicht weil er ein paar Sahneheringe haben wollte und so nahm alles seinen Lauf, streng nach den Regeln des Programms.
Dann wäre unsere Existenz natürlich streng genommen eine Simulation. So, wie wir Simulationen auf unseren Rechnern ausführen, wären auch wir Teil eines Programms das irgendwo abläuft.
Diese Idee ist natürlich nicht einfach auf meinem eigenen Mist gewachsten, auch wenn ich sie vielleicht ein wenig mit Sahneheringen ausgeschmückt habe, sondern es gibt Befürworter und natürlich auch Gegner dieser und ähnlicher Theorien und diese werden rege diskutiert.
Eine recht bekannte Aussage ist zum Beispiel, dass nur das Universum selber die Rechenpower aufbringen könnte, um etwas wie sich selbst zu simulieren.
Das ist ja an sich schon einmal recht seltsam, wenn man davon ausgeht, dass etwas simuliert ist, kann man selbstverständlich auch nicht innerhalb dieses Konstruktes nach Grenzen suchen, sondern muss davon ausgehen dass es etwas größeres darum gibt.
So weit alles gut und schön, aber wie könnte man erkennen dass man in einer Simulation lebt?
Wenn wir von unseren Simulationen ausgehen, dann ist das wohl auffälligste Mekrmal dass man sich in einer künstlichen Realität befindet wohl jenes, dass es hin und wieder zu kleinen Fehlern kommt, die Anomalien verursachen können.
Philip K. Dick, einer der einflussreichsten Science-Fiction Autoren userer Zeit hat immer wieder von mehreren Realitäten geschrieben, die parallel ablaufen.
Also so wie Programme auf einem Computer. Und bei einem Fehler im Programm soll es dann möglich sein, dass Daten aus der einen in der anderen landen.
Hört sich ganz nach einem Daja-Vu an, oder auch nach dem Mandela-Effekt (eigentlich Konfubulation genannt).
Dieser besagt, dass viele Menschen sicher sind dass Nelson Mandela während seines Gefängnisaufenthaltes in den 1980er Jahren verstorben sei, obwohl er (in dieser Realität) tatsächlich erst 2013 an einer Lungenentzündung gestorben ist.
Es gibt einige dieser seltsamen Ereignisse. Mein persönliches, das ich mit unzähligen Menschen teile ist das folgende:
Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass Oxygene IV von Jean Michel Jarre damals die Titelmusik der Wissenssendung „Aus Forschung und Technik“ mit Joachim Bublath war (hatte ich in Artikel Von Robbi, Tobbi, Drecki und Kotze einmal kurz angerissen).
Nach Philip K. Dick fühlt sich ein Deja-Vu so an als hätte man es bereits einmal erlebt, weil genau das den Tatschen entspricht.
Oder mit anderen Worten: „Deja-Vus sind oft Fehler in der Matrix - Das kann passieren, wenn sie etwas ändern“, wie es so schön in dem Film Matrix von Lana und Lily Wachowski (Den Wachowski Brothers, die jetzt die Wachowski Sisters sind) heisst, der ja bekanntlich auch von einer simulierten Welt handelt.
In dem Film “Welt am Draht” von Rainer Werner Fassbinder von 1973, der auf dem Roman “Simulacron-3” von Daniel F. Galouye aufgebaut ist, der auch von einer simulierten Welt handelt und der mich als Kind bereits sehr in seinen Bann gezogen hatte, obwohl ich seiner Bedeutung nur bedingt folgen konnte, wird dieses Phänomen auch aufgegriffen.
Ein Zeitungsartikel, an den sich der Protagonist noch erinnert, scheint niemals existiert zu haben.
Alles Dinge oder Begebenheiten, die nie passiert sind, obwohl man sich an sie erinnert oder einfach nicht mehr das sind, was sie einmal waren und nichts von alledem kann man wirklich erklären.
Denn es sind alles nur Indizien, die keiner wissenschaftlichen Überprüfung standhalten.
Das menschliche Gehirn ist zu grossen Teilen noch unerforscht und so weit wir es bereits kennen, gelinde gesagt ein absoluter Chaot, wenn es um Speicherplatzzuweisung geht, da kann hier und da schon mal was in den Zeitlinien und den dazughörigen Schubladen verrutschen.
Wo also besser nach Beweisen suchen, als in der Wissenschaft selber?
Ein anderes Phänomen von Simulationen ist nämlich die Aufteilung von Rechenpower auf die wichtigsten Dinge.
In einer Spielesimulation zum Beispiel wird alles das, was sich in unmittelbarer Nähe zum Spieler befindet, detailgetreu berechnet, während Dinge die weit weg sind nur ungenau dargestellt werden.
Rendern nennt sich dieser Prozess und er geschieht in modernen Spielen zur Zeit des Spiels selber. Also in „Echtzeit“.
Wenn man sich ausserhalb von Gebäuden befindet, macht es für den Computer natürlich überhaupt keinen Sinn das Innere zu berechnen. Erst wenn man das Gebäude betritt werden diese Daten benötigt.
Sollte es so etwas etwa auch in unserer Realität geben?
Sylvester James Gates, ein amerikanischer theoretischer Physiker hat, als er Quarks untersucht hat, mit Hilfe der Stringtheorie einen “fehlerkorrigirenden Code” gefunden, wenn man es so nennen mag, aber dazu gleich mehr.
In 2017 haben Wissenschaftler an der Universität von Washington bewiesen, dass sie Computercode in DNA Stränge integrieren können.
Somit sind Computerprogramme und das menschliche Leben grundsätzlich schon nicht mehr weit voneinander entfernt.
Auch in der Natur folgt alles mathematischen Prinzipien: Die Fibonacci-Folge und der goldene Schnitt (hatten wir in Artikel Werkzeug der Harmonie bereits angesprochen) finden sich überall in der Schöpfung des grossen Sahneheringsherstellers wider.
Vom Schneckenhaus, über die Anordnung von Samen in einer Sonnenblume bis hin zur Form einer Spiralgalaxie.
Von den Atomen bis hin zu kosmischen Gebilden, alles folgt den gleichen Gesetzen. Wenn man so will, einem Programm.
Aber kommen wir noch einmal auf das Rendern zurück: In unseren Simulationen, wie Spielen etc. werden immer nur die Stücke detailgetreu gerendert, mit denen der User aktuell interagiert oder die sich in unmittelbarer Nähe zu ihm befinden.
Was wäre wenn das in unserer Welt auch so funktionieren würde?
Und da sind wir wieder bei der Stringtheorie: Ein Experiement genannt „Doppelspaltexperiment“ präsentiert uns ein sehr interessantes und absolut unerwartetes Ergebnis, wenn wir es durchführen.
Ich will gar nicht zu sehr ins Detail gehen, nur so viel: Bei Wellen, die wir durch diese Apparatur schicken, erwarten wir ein Muster aus mehreren Strichen, das durch die Wellen und ihre Wechselwirkung aufeinander entsteht.
Ein sogenanntes Interferenzmuster, das durch zwei parallele Schlitze entsteht, durch die sie geschickt werden.
Bei Materie hingegen erwarten wir zwei Striche, entsprechend der beiden Schlitze, da sie diese auf direktem Wege passieren sollten ohne sich gegenseitig zu beeinflussen.
So weit die Erwartung. Wenn wir jetzt aber tatsächlich Elementarteilchen durch dieses Experiment schicken, sieht es so aus als würden diese keine Materie sein, sondern Wellen, da wir eben jenes Muster aus mehreren Strichen zu sehen bekommen.
Und jetzt wird es richtig wild: Wenn wir die einzelnen Teilchen beobachten während sie durch die Schlitze treten, ändert sich das Ergebnis plötzlich und das erwartete Muster mit zwei Strichen erscheint, beobachten wir sie nicht mehr, bekommen wir wieder das Wellenmuster.
Und das ganze unabhängig davon ob wir sie vor, oder nach dem dem durchtreten der Schlitze beobachten, was bedeuten würde, dass die Teilchen eigentlich schon vorher gewusst haben müssen ob sie als Welle oder Teilchen durch die Schlitze gehen müssen und ob sie später beobachtet werden oder nicht, um eben jene Muster zu erzeugen.
Und da haben wir ihn, unseren “fehlerkorrigirenden Code”. Das Ergebnis ist entsprechend so, wie es sein soll, wenn man es überprüft.
Falls Sie, lieber Leser, das mit Hilfe von gesundem Menschenverstand erklären können, lassen Sie es mich bitte wissen, es wartet ein Nobelpreis auf Sie.
Und da wären wir dann auch schon wieder bei unserer Computersimulation: Bestimmte Dinge werden erst dann gerendert, wenn der Fokus auf ihnen liegt.
In unserem Fall verhalten sich die Teilchen nur wie Teilchen, wenn wir sie beobachten.
Ist dies vielleicht ein Beweis, dass wir in einer Simulation leben? Oder ist es bloss einer dieser Ausrutscher des wissenschaftlichen Denkens, die sich hin und wieder mangels einer besseren Erklärung etablieren?
Das Rosinenkuchenmodell von Joseph John Thomson zur Erklärung zum Aufbau von Atomen wurde auch erst 1911 zum Rutherfordsches Atommodell verfeinert.
So gesehen betrachten wir hier vielleicht gerade das Sahneheringsmodell und es fehlen uns ein paar Informationen um wirklich Sinn aus den gewonnenen Erkenntnissen zu ziehen.
Aber wieso erzähle ich das alles (und warum drifte ich immer so weit ab)?
Eigentlich wollte ich von Verkäufern in China erzählen, denn bei Verkäufern in China stösst man auf ein ähnliches Phänomen.
Man beschaut sich die Ware, ist sicher man weiss um was es sich handelt, nur um nach dem Gespräch mit dem Verkäufer herauszufinden, dass sich magischerweise alles ganz anders verhält als gedacht.
Kurzes Beispiel: Ich wollte ein Teebrett kaufen.
Das ist eine kleine, recht flache, hölzerne Kiste mit einem Gitter oben.
Es dient dazu, darauf Teetassen und Teekannen zu stellen, so dass das überflüssige Wasser durch das Gitten ablaufen kann.
Es wird dann in einer Art Schublade aufgefangen, oder bei etwas besseren Modellen über einen Schlauch abgeführt.
In Artikel Abwarten und Tee trinken kann man genau sehen, worum es sich handelt.
Ich hatte mir ein Modell in einem Laden ausgesucht das mir sehr gut gefiel und wollte es kaufen.
Das Ausstellungsstück war sehr gut verarbeitet und dunkelgrün.
Das Modell das ich bekam war braun.
Auf Nachfrage, ob es das Modell auch noch in grün gäbe, bekam ich die spontane Antwort, dass es sich hier genau um das gleiche Modell handele und es bei regelmäßiger Nutzung auch grün werden würde.
Nicht dass mich die Farbe gestört hätte, eigentlich hat mir das braune ebenso gut gefallen wie das grüne.
Aber es ist doch schon interessant, dass ähnlich dem Doppelspaltexperiment, ein Ding auf den ersten Blick braun, bei genauerer Erklärung dann aber doch grün ist.
Chinesische Verkäufer erzählen ihren Kunden die absurdesten Dinge, selbst wenn sie so unglaubwürdig sind, dass man beginnt an ihrem Verstand zu zweifeln.
Ähnliche Vorfälle sind mir in China ständig passiert, Lügen zu erzählen scheint fast schon ein Reflex zu sein.
Ich gebe zu, dass Verkäufer auch in Deutschland dem Kunden um den Mund reden um ihre Waren zu verkaufen.
Aber in China hat das ganze noch eine ganz andere Dimension.
Da ändern Dinge schon mal ihre physikalischen Eigenschaften, einfach so.
Wahrscheinlich hat da einfach jemand etwas in der Matrix geändert.

Wuhan (武汉 Wǔhàn)

Im Schlafzug (Bild 1) in 11 Stunden von Beijing nach Wuhan (武汉 Wǔhàn) (ja, genau. Das Wuhan wo das Coronavirus seine Wurzeln hat).
In den alten Klamotten geschlafen, es sind wieder 40 Grad im Schatten und morgens bei der Ankunft ist das Hotelzimmer noch nicht frei.
Wir machen uns auf den Weg um Dinge zu erledigen und mein Poloshirt riecht inzwischen wie die hintere Ecke eines Käfigs den ein geschlechtsreifer Puma zur Brunftzeit bewohnt.
Nachmittags dann endlich Einzug in die gemieteten vier Wände einer amerikanischen Hotelgruppe, die auch die Räume, die nur einen klitzekleinen Teil des Flusses am Rande des Fensters erahnen lassen, als „Riverview“ anpreisen.
Wir mussten nochmal umbuchen, denn der Blick auf den Fluss ist wirklich atemberaubend (Video 1), ähnlich wie mein Poloshirt, das ich dann endlich wechseln konnte.
Hier in Wuhan gibt es weniger Ausländer als in Beijing und man wird öfters schon mal angestarrt.
Unser Sohn hingegen, wird behandelt wie ein Superstar.
Aussicht aus dem Hotel in Wuhan (武汉 Wǔhàn).
Chinesen lieben sogenannte „Mixedblood“, also Kinder deren erster Elternteil asiatisch (im besten Fall chinesisch) und der zweite Elternteil Ausländer ist (im besten Fall Europäer).
Auch mit den Ladies scheint es zu laufen. Mädchen und Frauen aller Altersklassen scheinen ihm zu Füssen zu liegen und können mit Komplimenten nicht an sich halten.
Abends mit dem Sohn in die Outdoor Schwimmlandschaft mit Rutschen, Wasserkanonen und jeder Menge Spass.
Nachdem es dunkel geworden ist und die Hotels ihre Lichtershow veranstalten, müssen wir dann auch mal wieder gehen.
Bis auf ein paar aufdringliche Blicke und Getuschel alles gut so weit, alle höflich.
Aber einen Bauern gibt es unter den Leuten immer, entweder jemand der in der feinen Hotellobby unter lautem röcheln und stöhnen in den Mülleimer spuckt, oder jemand der ungeniert im vollbesetzten Restaurant mit seinen Fürzen den allgemeinen Lautstärkepegel noch zu übertönen weiss oder, wie hier, jemand der mit runtergelassenen Hosen, unter der Gruppendusche im Schwimmbad und im hohen Bogen, mehr oder weniger zielgenau, in den mittig im Raum liegenden Gulli pinkelt.
Schamgefühl offensichtlich nicht vorhanden und ich frage mich ob ich ihn bewundern oder bemitleiden soll.
过早 (guò zǎo) bedeutet „frühstücken“ im lokalen Dialekt in Wuhan, anstatt 吃早饭 (chī zǎo fàn) wie es auf Hochchinesisch heissen würde.
Und auch hier gibt es wieder lokale Spezialitäten:
Ich empfehle: 热干面 (rè gān miàn) (Bild 2 in der Mitte): Nudeln die mal nicht in einer Suppe schwimmen mit einer braunen Soße.
汤粉 (tāng fěn) (Bild 2 rechts daneben): Reisnudeln in Brühe (wer mehr über Nudelgerichte in China erfahren möchte schaut einfach mal hier in dem Artikel Von Angesicht zu Nudel).
三鲜豆皮 (sān xiān dòu pí) (Bild 2 links unten): Tofuhaut mit Allerlei, eigentlich ein Gericht in dem die Überbleibsel des Vortages verwurstet werden.
烧卖 (shāo mài) (Bild 2 links oben): eine kleine, offene Teigtasche.
小笼包 (xiǎo lóng bāo) heissen genau so wie die mit Fleisch und Brühe gefüllten Teigtaschen in Shanghai (siehe Artikel China light), diese hier ähneln aber eher kleinen 包子 (bāo zi) (siehe Artikel Herrgottsbscheißerle).
Und last but not least 茶叶蛋 (chá yè dàn) die Tee-Eier, die es überall in China gibt und wir in Artikel Ölnudeln einmal kurz angesprochen hatten.
Dazu 豆浆 (dòu jiāng) (Bild 2 mitte, oben): Der Sojadrink (siehe Artikel Zauberbohnen).
Und dann sind da natürlich all die Sehenswürdigkeiten in Wuhan:
Zum Beispiel der Qingchuan Pavillon (晴川阁 qíng chuān gé) (Bild 3), der Yu dem grossen (大禹 dà yǔ) gewidmet ist.
Yu der grosse (大禹, Dà Yǔ) war ein mythischer Kaiser, das heisst, man ist sich nicht sicher ob es ihn wirklich gab, da Geschichten um ihn erst sehr viel später auftauchen.
Die berühmteste Legende über ihn dürfte die des Flutmythos sein, in der er das Land vor einer Überschwemmung rettet.
Oder der Guiyuan Tempel (归元禅寺 guī yuán chán sì), eine buddhistische Tempelanlage mit alten und neuen Sehenswürdigkeiten und jeder Menge kleiner Läden für übernatürlichen Schnickschnack.
Ich habe jetzt auch einen Schlüsselanhänger für den Autoschlüssel in dem angeblich ein Mantra enthalten ist.
Und er ist darüber hinaus noch auf mein chinesisches Sternzeichen zugeschnitten. Jetzt kann ja wirklich nichts mehr schief gehen.
Nicht zu vergessen das Museum der Provinz Hubei (湖北省博物馆 hú běi shěng bó wù guǎn).
Hier kann man allerlei alte Fundstücke aus verschiedenen Dynastien finden.
Gefässe, Malereien (und die hier ausgestellten alten Tuschezeichnungen sind um Längen besser als die im National Art Museum (中国美术馆 zhōng guó měi shù guǎn) in Beijing) und als Höhepunkt das sagenumwobene Schwert von Goujian.
Eine Fahrt auf dem Fluss haben wir auch gemacht und wieder einmal die beleuchteten Wolkenkratzer bestaunt (Hatten wir im Artikel Kleinstadt? ja auch schon. Scheint ein neuer Trend in China zu sein).
Im Gegensatz zu Tianjin (天津 tiān jīn) ist hier aber alles etwas grösser.
In heissen Gegenden haben Leute oft die Angewohnheit die Klimaanlage im Hotel oder im Auto dermassen kalt einzustellen, dass man sich leicht erkältet.
So ist es mir dann auch ergangen. Es ging mir gar nicht gut.
Mal abgesehen davon dass ich beim erklimmen der Kranichpagode (黄鹤楼 huáng hè lóu) (Bild 4) ohnehin in der Hitze ziemlich ausser Puste gekommen bin (Ich bin einfach zu fett und heisses Wetter habe ich noch nie gemocht).
Ganz plötzlich also Fieber und Kopfschmerzen.
Zuerst dachte ich, ich hätte mir in Wuhan das Corona Virus geholt. Das wäre es echt noch gewesen.
Aber auch eine Erkältung mit Magenverstimmung ist in der Hitze alles andere als schön.
Wobei Erkältung wahrscheinlich auch schon übertrieben ist.
Nach zwei Tagen war alles wieder fast normal. Vermutlich nur Überanstrengung und Hitze.
Wie auch immer.
Zurück nach Beijing mit dem Bullettrain in knapp drei Stunden. Kinder zahlen nichts, bekommen aber auch keinen eigenen Sitzplatz, was für einen verwöhnten, kleinen deutschen Jungen, wie unseren Sohn, durchaus eine mittelschwere Katastrophe ist, die die drei Stunden Fahrt lang immer und immer wieder zur Sprache gebracht werden muss (Wer Kinder hat, wird es verstehen).