Die grenzenlosen Chinesen gegen die grausamen Westler
Der CCTV Tower. Chinesen nennen es auch gerne das einzige Gebäude, das aus jedem Blickwinkel hässlich ist.
Gerade wenn der Nachwuchs versucht seine Grenzen auszutesten, sollte man als Erzieher ihm diese auch aufzeigen.
Man muss es ja nicht direkt mit Gewalt und Schlägen tun, aber der Grossteil der Deutschen ist der Meinung, dass man Kindern nicht einfach alles gestatten sollte.
Ich kann mich noch an meine Schulzeit erinnern. Da wurden verschiedene pädagogische Erziehungsstile vorgestellt, unter anderem der Laissez-faire-Stil, der Kindern überhaupt nicht vorschreibt, was sie tun sollen.
Und damals schon habe ich mich gewundert, was das denn soll. Wieso nennt man ein offensichtliches „nicht-Erziehen“ einen Erziehungsstil ?
Wie auch immer, die Meinungen hierüber gehen wieder einmal sehr weit auseinander. Ich denke aber, man kann festhalten, dass der Grossteil der Deutschen dieses Konzept ablehnt.
Schlagen und Prügelstrafen gehören zum Glück der Vergangenheit an, aber eine Massregelung in der Kindererziehung wird von der Mehrheit der Eltern als notwendig empfunden (damit wir uns gleich richtig verstehen: Mahnende Worte sind auch eine Massregelung). Und dieser Meinung schliesse ich mich auch an.
Wobei man natürlich immer versuchen sollte das ganze erst einmal ohne böse Worte zu lösen. Eine Erklärung, warum ein gewisses Verhalten in bestimmten Situationen nicht angebracht ist, sollte stets der Anfang der Massregelung sein, schliesslich ist der Sinn der Massnahme, dem Kind etwas beizubringen.
Nur als letzte Instanz sollte man wirklich auf Bestrafungen zurückgreifen (wobei das natürlich auch wieder vom Charakter des Kindes abhängt. Manche Kinder verhalten sich in einem gewissen Alter einfach wie professionelle Soboteure, andere eben nicht).
Man kann Kindern nicht alles erlauben und sie müssen auch nicht immer im Mittelpunkt stehen. Eine Erfahrung die natürlich für die Kleinen erst einmal nicht schön ist, ihnen aber auf dem späteren Lebensweg den Umgang in der Gesellschaft wesentlich erleichtern wird. Daran glauben zumindest deutsche Eltern, bei Chinesen sieht das oft ganz anders aus.
Und das, was bei der Kindererziehung anfängt, geht natürlich in der Schule weiter.
Wer einmal chinesische Mitarbeiter erlebt hat, die gerade von der Uni kommen, wird die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen haben.
Während man in Deutschland bei einem Menschen ab einem gewissen Alter selbständiges Arbeiten einfach voraussetzt, muss man in China klar gestellte Aufgaben verteilen, ansonsten passiert rein gar nichts. Und selbst dann ist es noch schwierig. Chinesische Schüler werden in der klassischen Erziehung in Schule und Universität noch weniger auf das eigentliche Leben vorbereitet, als deutsche.
Es wird auswendig gelernt und wiederholt. Keine Frage: Chinesen sind bekannt dafür jeden Test mit Bravour zu bestehen, aber anwenden können sie dieses Wissen in der Regel erst einmal nicht.
Im direkten Vergleich klaffen hier Welten. Bei der Erziehung in der Schule/Uni, ebenso wie bei der Zuhause.
Und so sind deutsche Kinder, um wieder zurück auf die jüngeren Generationen zu kommen, im Vergleich zu chinesischen auch oft diejenigen mit den besseren Tischsitten.
Ein Umstand, der nicht zuletzt einer Erziehung geschuldet ist, die Grenzen aufzeigt, anstatt Kinder grenzenlos walten zu lassen.
Jeder Deutsche (ich habe tatsächlich noch keine Ausnahme erlebt), ist überrascht wie schlecht erzogen chinesische Kinder sind, wenn er das erste Mal nach China kommt.
Meist fällt einem dieses Verhalten im Restaurant auf, wo die Kleinen mit irgendwelchen Plastikflaschen bewaffnet durch die Tischreihen laufen und damit ebenso auf die Beine von Stühlen schlagen, wie auf die der anderen Gäste.
Und es passiert absolut nichts. Nur wenn ein Ausländer unter den anderen Gästen ist, kann es vorkommen, dass dieser sich bei den Eltern beschwert, oder die Kinder einfach verscheucht.
Interessanterweise ist dann auch er der Buhmann, der von allen Leuten im Restaurant verständnislos angeguckt wird (obwohl ich glaube, dass sich einige Chinesen insgeheim freuen dass mal jemand etwas unternommen hat, sie nur selber zu feige waren).
Wie auch immer. Die Erziehungsmethoden in China sind natürlich nicht ohne Grund so, wie sie sind.
Dazu gibt es mehrere Dinge, die hier ineinandergreifen.
Zum ersten erinnern sich viele Leute der älteren Generationen noch an die Mangelzeiten nach der Kulturrevolution, etwas, das man seinen Kindern um jeden Preis ersparen wollte und sie deshalb, gut gemeint, nicht selten mit zu viel Krempel überhäuft hat. Diese Generation ihrerseits hält diese Art der Erziehung natürlich für völlig normal und verwöhnt die eigenen Kinder auch.
Zweitens werden Kinder seit der Ein-Kind-Politik von der gesamten Familie total verhätschelt. Da jedes Paar nur noch ein Kind haben durfte, konzentrierte sich die gesamte Zuneigung nur noch auf einen Sprössling.
Und auch jetzt noch, wo Familien wieder zwei Kinder bekommen können, ist dieser Umgang mit dem Nachwuchs natürlich noch in den Köpfen der Leute.
Des weiteren müssen chinesische Kinder, wenn sie in die Schule kommen unglaublich viel leisten. Um in der Masse der Menschen später einen guten Job zu bekommen, müssen sie in jedem Fach nicht nur gut, sondern herausragend sein. Und da jeder Schüler so gedrillt wird, reicht das auch schon nicht mehr aus. Somit werden Klavierstunden, Englischunterricht, Ballet etc. direkt noch hintendran gehangen.
Chinesische Kinder haben keine Kindheit. Sie haben keine Zeit ihre Umgebung spielerisch zu erfahren, dafür ist der Konkurrenzkampf zu gross.
Als Ausgleich dazu sieht man ihnen eben auch wieder Fehlverhalten im täglichen Leben nach und schimpft nicht, wenn sie sich daneben benehmen.
Und dann kommen natürlich noch Oma und Opa. Wir alle wissen, dass die kleinen Racker bei den Grosseltern mehr dürfen als zu Hause, da die ältere Generation für den Nachwuchs gerne mal fünfe grade sein lässt (wer kann es ihnen verübeln ?).
Da chinesische Eltern in der Regel beide arbeiten und die Grosseltern unter einem Dach mit ihnen wohnen, verbringt der Nachwuchs den Grossteil seiner Zeit nicht bei den Eltern, sondern bei Oma und Opa.
Es gibt also einige Dinge, die Einfluss auf die Erziehung haben. Nicht zu vergessen natürlich auch der Austausch verschiedener Eltern untereinander.
Schliesslich wird nicht bloss verglichen, welcher Spössling als erster krabbeln, stehen, laufen, reden kann, sondern auch die Erziehungsstile werden kritisch untereinander bewertet und beurteilt.
Obwohl unser Kleiner noch weit davon entfernt ist in die Trotzphase zu kommen und wir uns Gedanken machen müssen, wie wir ihn wieder auf den rechten Weg bringen, wenn er etwas anstellt, sind auch wir schon mit unserer Erziehungsmethode in Kritik geraten.
Unser Sohn, der jetzt gute fünf Monate alt ist, schläft seit jeher in seinem eigenen Kinderbettchen, das ca. einen Meter vom elterlichen Bett entfernt steht.
In Ausnahmefällen, wenn er partout nicht schlafen will und nicht aufhört zu weinen, darf er schon mal zwischen Mama und Papa ins grosse Bett.
Aber wenn er eingeschlafen ist, kommt er wieder zurück in sein eigenes.
Ich denke, das ist normal bei den meisten Eltern in Deutschland. So wie ich es kennengelernt habe, versuchen viele Eltern sogar ihr Kind so schnell wie möglich daran zu gewöhnen in seinem eigenen Zimmer zu schlafen.
Nicht so in China. Die Kleinen schlafen nicht selten jahrelang zwischen Mama und Papa im grossen Bett, während das Kinderbett, das man zur Geburt gekauft hatte (wenn man denn überhaupt eins besitzt), nur dazu dient in ihm die Windeln zu stapeln.
Wir sind bereits öffentlich (in einem chinesischen Blog. Ohne Angaben unserer Namen zu Glück) als grausam dargestellt worden, weil wir das nicht tun.
So gehen die Vorstellungen, was Kindererziehung angeht im internationalen Vergleich doch ziemlich weit auseinander.
Kommentare
Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt