Zappelnde Fische und Schweinefett in Tüten
Ein typischer, kleiner, chinesischer Supermarkt
Als aller erstes haben die Geschäfte alle wesentlich länger auf als in Deutschland. In China wird in der Regel bis spät abends gearbeitet und wenn die Leute von der Arbeit nach Hause kommen, wollen sie auch noch einkaufen können.
Und die Geschäfte haben auch am Sonntag auf. Ein Paradies für Kunden. Den abendlichen Einkaufsbummel kann man auch wunderbar mit dem Abendessen und einem Spaziergang danach verbinden.
Es ist schon interessant, wie man sich in einer nicht gewohnten Umgebung auf die wesentlichen Dinge konzentriert. Plötzlich sind ganz alltägliche Dinge wieder total interessant.
Fische sind ganz frisch und werden vor Ort ausgenommen
Aber wenn man in einen etwas größeren chinesischen Supermarkt geht, ist es natürlich um einiges interessanter. Es gibt es ein unüberschaubares Angebot an Dingen, die man nicht kennt. Im Speziellen in der Lebensmittelabteilung ist es mitunter interessanter als es das Abendprogramm des Kinos drei Strassen weiter je sein könnte.
Kunden fischen mit einem Käscher Fische aus den Becken in der Fischabteilung und stehen mit den zappelnden Kreaturen in einem Plastikbeutel an einer Schlange an um sie ausnehmen zu lassen.
Fleisch hängt in allen möglichen Portionen und Grössen für jedermann gut zu erreichen an irgendwelchen zusammengeschweissten Gestängen. Teilweise erinnern mich die Schweinehälften, die im Gang stehen mehr an die Einrichtung eines Modegeschäfts als an die Lebensmittelabteilung. Sehen sie doch ein wenig so aus wie die neueste Winterkollektion, wie sie da so hängen.
Es gibt Hühner in der Regel mit Kopf und Füßen zu kaufen, schliesslich wird alles verwertet und gegessen. Nur in Ausnahmefällen sind die Hühner zurechtgeschnitten wie bei uns.
Und es gibt das schwarze Huhn 乌鸡 Wūjī. Eine Delikatesse aus China. Das Fleisch gibt es oft in Suppen und man sagt ihm heilende Wirkung nach. Interessanterweise ist die Haut dieser Hühner zwar schwarz, aber die Federn sind weiss.
Es gibt Eier in allen Grössen, Farben und Reifegraden. Eine chinesische Spezialität ist 皮蛋 pídàn. Im deutschen als 100jähriges Ei oder auch als 1000jähriges Ei bekannt. Übersetzt heißt es eigentlich “Lederei”.
Es handelt sich hier um ein rohes Entenei, das in einer Mischung aus Kalk und etlichen anderen Dingen bei einer bestimmten Temperatur vergraben wird. Das Ei wird schlecht, fault aber nicht da keine Luft daran kommt. So bleibt es meist so um die 3 Monate vergraben, danach ist es zu einer chinesischen Spezialität geworden und teilweise bis zu drei Jahre haltbar.
Zugegeben es ist nicht jedermanns Sache und trifft in den seltensten Fällen den europäischen Geschmack, aber ich mag es und finde es darüber hinaus sehr interessant.
In der Abteilung mit den Süssigkeiten gibt es auch immer wieder etwas zu entdecken. Neben Bonbons und Plätzchen, die es so oder zumindest in ähnlicher Form so bei uns auch gibt, findet man unglaublich viele Dinge die man definitiv noch nicht gesehen hat.
Kleine Tüten mit Naschwerk von dem man nicht immer genau sagen kann woraus es tatsächlich besteht. Ich tue mich oft schwer die Namen der Produkte zu entziffern um herauszufinden um was es sich denn tatsächlich handelt. Viele der Schriftzeichen kenne ich nicht und sehr viele von ihnen kann ich nicht entziffern, da sie in einer geschwungenen Schreibschrift gedruckt sind, die meine vorhandenen Chinesischkenntnisse schnell an ihre Grenze stossen lassen.
Man muss sich also einfach durchprobieren, wenn man nicht ständig seine chinesischen Freunde belästigen will.
Einige der Snacks sind aus Soja hergestellt und mit etlichen Gewürzen verfeinert, bei anderen handelt es sich um gewürzten Schweinespeck oder andere tierische Produkte. Man kann vom Aussehen der Tüte nicht immer auf den Geschmack schliessen, der sich darin befindet. Es ist ein wenig wie ein kleines Abenteuerland in dem man erst einmal alles ausprobieren muss.
In den anderen Abteilungen gibt es Obst, Gemüse, Eingelegtes, Getrocknetes und alle möglichen anderen Dinge die man als durchschnittlicher Europäer noch nie gesehen hat.
In den ganz grossen chinesischen Supermärkten, die sich über mehrere Stockwerke erstrecken und die meist staatlich geführt sind, findet man Regalwände in denen Sojasoßen aller möglichen Hersteller stehen. Diese nehmen so viel Platz ein wie die gesamte Getränkeabteilung in einem deutschen Supermarkt.
Kennen Sie den Unterschied zwischen dunkler Sojasoße (老抽 lǎo chōu) und heller Sojasoße (生抽 shēng chōu) ? Dunkle Sojasoße dient dem würzen von Speisen, die noch erhitzt werden, helle dagegen kann man so benutzen z.B. als Dip zum eintunken. Hätten Sie es gewusst ? Auch nicht jeder Chinese scheint es zu wissen. Vor allen Dingen die Chinesen aus den südlichen Provinzen, in denen Sojasoße noch öfter gebraucht wird als im Norden, wissen um diese Unterscheidung.
In der Elektroabteilung für den Haushalt sucht man Kaffeemaschinen und Waffeleisen vergebens. Statt dessen gibt es neben Wasser- und Reiskochern Sojamilch-Maschinen und einzelne Heizplatten, die man auch gerne mal bei einem Essen mit Freunden mitten auf den Tisch stellt.
Es gibt Milchprodukte wie Joghurt und Buttermilch, allerdings nicht in den Ausmassen, wie man es von einem deutschen Supermarkt her kennt. Käse findet man nur selten, meist eine homogene, nach nichts schmeckende Masse, die kein Europäer als Käse identifizieren würde. Ich gehe davon aus, dass es sich um ein relativ neues Produkt handelt, das im Zuge der amerikanisierung der Essgewohnheiten Einzug gehalten hat, ebenso wie es in Europa von Statten gegangen ist.
Die chinesische Volksseele ist untrennbar mit den jeweils lokalen Essgewohnheiten versponnen und trotzdem hat der schleichende Tod in Form von Hamburger, Pizza und Co auch hier seine seine Flügel ausgebreitet.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Nichts ist gegen eine gute italienische Pizza oder einen guten Burger einzuwenden, aber niemand braucht Grosskonzerne, die fragwürdig hergestellte Nahrungsmittel in Form pressen, mit Massen an Zucker anreichern und unter die Leute bringen.
Wie auch immer. Auch wenn diese Konzerne unvorstellbare Umsätze auch hier im Land der Mitte machen, so befinden sie sich glücklicherweise immer noch in der Minderheit.
Krimskramsladen, der unter anderem Türschmuck für chinesische Hochzeiten und das Frühlingsfest verkauft
In den Geschäften selber sind, bevor man den Supermarkt erreicht oft kleine Läden, durch die man erst hindurch muss. Oftmals sind es kleine Restaurants, Schuh- oder Krimskramsläden oder sie verkaufen Alkohol und Zigaretten. Oft sind diese kleinen Geschäfte auch einfach Händler, die in einem Gang ihre Waren an die Wand hängen. Ich bin mir nie sicher ob sie tatsächlich diesen Platz gemietet haben, oder einfach so ihre Sachen dort verkaufen. Aber das ist in China in der Regel Nebensache.
Was ich allerdings sehr bemerkenswert finde ist der Umstand, dass sie ihre Sachen einfach mit einer Decke abhängen, bevor sie Feierabend machen. Der Supermarkt selber hat oft noch etwas länger auf. Trotzdem kommt offensichtlich niemand auf die Idee einfach etwas zu stehlen.
Diebe gibt es auch in China, ganz klar. Aber offensichtlich nicht solche, die aus Langeweile oder einfach nur weil sich die Gelegenheit ergibt klauen. Das finde ich persönlich schon sehr bemerkenswert.
Vor den Geschäften, auf der Strasse sieht man auch immer sehr viele Leute, die irgendwelche Sachen verkaufen.
Oft sind es Bauern, die Obst oder Gemüse an den Mann bringen wollen, oder aber auch Leute die irgendwelche Haushaltswaren, Kleiderbügel oder Socken feilbieten. Ich schätze, dass sie diese Dinge etwas billiger einkaufen, vielleicht auch Mengenrabatt bekommen und von dem kleinen Gewinn leben, den sie beim Verkauf erwirtschaften können. Aber so genau weiss ich das nicht.
Wenn ich Langeweile habe, was zugegeben seit dem ich hier arbeite nicht mehr vorgekommen ist, gehe ich gerne zum nächsten Supermarkt und schaue mir das Schauspiel vor der Türe und auch drinnen an. Es ist immer wieder ein Erlebnis, selbst wenn man nichts kauft.
Kommentare
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JM am :
Auch die frische ist dort mehr als gegeben, wo es hier totel Tier von x Tagen gibt, schön eingefroren oder ein paar Stunden alt, kann man da noch lebende Fische aussuchen und zum ausweiden geben. Das finde ich schon sehr interessant und würde ich gerne mal erleben. Die ganz großen Fastfood Ketten bieten nur minderwerte Produkte die man nicht mal seinem Hund zu fressen geben würde, erinnert man sich an den Skandal von 2012.
Ein schöner Beitrag, ich hab jetzt hunger bekommen und werde erstmal was einkaufen gehen und mich mit geringen Auswahl wieder auseinandersetzen.