Kauderwelsch und Kultur
吉野家 Yoshinoya eine recht bekannte, japanische Imbisskette
Für jemanden der Chinesisch lernt manchmal ein sehr ernüchternder Anblick, erinnert er einen doch stets daran, wie viel man noch nicht weiß. Aber das ist nicht ganz fair. Viele der Werbungen benutzen extra klangvolle Namen um ihre Produkte zu beschreiben, so wie in allen anderen Ländern der Welt ja auch. Diese Spezialbegriffe lernt man erst später, für den normalen Sprachgebrauch sind sie zu sperrig.
Und noch ein anderer Umstand macht es schwer die Leuchtreklamen, Tafeln und Schilder zu lesen: Oft handelt es sich um Firmennamen und die beinhalten nicht immer sinnvolle Zeichenkombinationen. Oft sind Familiennamen mit eingebunden oder der Klang ist der entscheide Part in dem Namen, gar nicht die Bedeutung. Wenn ich mit Chinesen unterwegs bin und hin und wieder frage, was für einen Sinn das eine oder andere Schild hat, bekomme ich oft als Antwort: “das ist bloss ein Name”.
Ich habe mir überlegt, welche Bedeutung die Zeichen haben und was sie im Zusammenspiel bedeuten könnten und dann so etwas. Ein bisschen enttäuscht bin ich dann schon. Schließlich kann man mit der chinesischen Sprache so unglaubliche Kunstwerke erschaffen.
Und man kann auch nicht immer alles so übersetzen, wie man gerne möchte. Kleines Beispiel: An einem Imbiss prangt in schwarzer Schrift auf orangenem Grund der Schriftzug 吉野家. Das würde im chinesischen jí yě jiā, also glücksbringende, ungezähmte Familie heißen. Heißt es aber nicht, denn es ist eine, in Asien sehr bekannte japanische Imbisskette und spricht sich Yoshinoya aus. Es ist wohl von dem Ort 吉野町 Yoshino abgeleitet. Das erste Zeichen gibt es so eigentlich nicht. Es wird eigentlich fogendermassen geschrieben: 吉. Das 士 shì im oberen Teil des Zeichens wurde durch ein 土 tǔ ersetzt. (für alle, die es nicht sehen: der obere waagerechte Strich ist kürzer )
Man sieht also, man sollte nicht alles versuchen mit seinen spärlichen Chinesischkenntnissen zu erklären. Manchmal sieht es eben nur chinesisch aus.
Manchmal nutzen Firmen auch die Pinyin Schreibweise für ihre Namen. Also die Schreibweise, die das lateinische Alphabet benutzt um es Ausländern einfacher zu machen. Hier kann es sehr interessant werden, wie das folgende Beispiel zeigt:
Eine Luxus Hotelkette nennt sich Shangri-La. Es ist nicht hundertprozentig sichergestellt, wo dieser Ausdruck ursprünglich herkommt, es ist aber anzunehmen, dass er ursprünglich aus dem Tibetischen kommt, also mit dem Chinesischen erst einmal gar nichts zu tun hat. In alten buddhistischen und hinduistischen Texten ist bereits die Rede von einem Ort genannt Shambhala (བདེ་འབྱུང tibetisch, शम्भलः sanskrit) Im Chinesischen ist er unter dem Namen 香巴拉 xiāngbālā bekannt. Es handelt sich um ein Königreich versteckt irgendwo in Asien.
Diese alte Geschichte hat wohl James Hilton, ein englischer Schriftsteller zum Vorbild genommen für seinen Roman Lost Horizon und sie somit über die Grenzen Asiens hinaus bekannt gemacht. Er handelt von einem Ort, an dem die Leute abseits der sonstigen Welt leben und unglaublich alt werden.
Dies haben die Chinesen wiederum zum Anlass genommen Nachforschungen anzustellen. Und als offizielles Ergebnis kam heraus, dass es sich wohl um den Ort 中甸 Zhōngdiàn (tibetischer Name Gyalthang རྒྱལ་ཐང། ) in der Yunnan Provinz (云南 Yúnnán) handeln muss. 2001 hat die chinesische Regierung kurzerhand diesen Ort in 香格里拉 Xiānggélǐlā umbenannt.
Merken Sie was ? War es in den alten Texten noch 香巴拉 Xiāngbālā, so ist es jetzt 香格里拉 Xiānggélǐlā. Wo Europäer nur ein Fragezeichen auf der Stirn stehen haben, können Asiaten über so wenig Verständnis nur den Kopf schütteln.
Wenn es einmal richtig war, heißt das nicht automatisch, dass es immer richtig ist. Ich habe noch nicht herausgefunden, was genau dahinter steckt, aber immerhin dass man mit einem deutschen oder europäischen Denkmodell oft nicht weiterkommt. Und solche Dinge passieren eigentlich ständig. Dinge heißen plötzlich anders, das ist ganz normal.
Ich habe mir eine Eselsbrücke gebaut indem ich einfach sage: Das muss man mehr buddhistisch sehen. Alles ist im fluss, nichts bleibt. Also auch nicht die Sprache.
Bleibt als letztes Fazit eigentlich nur festzuhalten: Wer eine Sprache lernt wird sich früher oder später auch mit Kultur und Geschichte auseinandersetzen müssen. Ist das nicht toll ? Ich denke schon.
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